Immer mehr Frauen – aber auch Männer – sind mit ihrem Körper unglücklich. Kein Wunder, wir leben in einer Gesellschaft, in der die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper fast schon zum guten Ton gehört. Eine Entwicklung, die mehr als bedenklich ist: die Zahl der Essstörungen und Körperwahrnehmungsstörungen nimmt immer mehr zu, und immer mehr Menschen fühlen sich in ihrem Körper gefangen und von ihm entfremdet, landen in einer Warteschleife zum eigenen Leben, und selbst, wenn sie nur eine leichte Dauerunzufriedenheit empfinden, raubt es ihnen Energie und Lebensqualität.
Gleichzeitig entwicklelt sichweltweit aber eine Bodylove-Beweegung, die sich dem ungesunden Körperbildern entgegenstellt. Warum Bodylove so wichtig und geradezu revolutionär ist, diskutiere ich gemeinsam mit Plus-Bloggerin, Sytlistin und Aqua-Zumba-Lehrerin Maria González Leal (Body Mary) im Rahmen der Woche der Seelischen Gesundheit in Berlin. Der Titel unserer beiden Workshops heißt: “Radical Bodylove” – Warum uns unsere Schönheitsideale krank machen und wie man lernt sich selbst zu lieben.“ Wir diskutieren die Gründe und Hintergründe für die Unzufriedenheitsepidemie, beleuchten, warum so wenige Frauen ihre Körper wirklich mögen und warum wir mit unseren Körper immer unglücklicher werden. Wir berichten über die neue Body-Love-Bewegung, und unsere persönlichen Lösungen und Strategien, um sich in sich und mit sich wieder glücklicher zu fühlen …
Wann: Am 11. Oktober 2014 von 15:00 Uhr bis 17:00 Uhr und am 16. Oktober 2014 von 11:00 Uhr bis 13:00 Uhr
Wo: PHANTALISA – Raum für Mädchen und junge Frauen, Kadiner Straße 9 in 10243 Berlin-Friedrichshain
Sonya Renee Taylor ist eine Powerfrau: Dichterin, Vortragende, und Aktivistin in Sachen Selbstliebe und Körperakzeptanz. Das neueste Projekt der Amerikanerin: Sie will die weltweit größte Online-Platform in Sachen Selbstliebe auf die Beine stellen. Mit jeder Menge Ressourcen, Möglichkeiten, sich auszutauschen und zu vernetzen, mit Kursen und Workshops und mehr. Und wir können ihr dabei helfen. Ihre Crowdfunding-Kampagne läuft noch bis zum 23.8., und jeder Euro hilft.
Ich habe mich auch schon beteiligt. Nicht nur, weil ich weiß, wie wichtig diese Platform ist, und zwar für Menschen mit jeder Figur, jeder Herkunft, jeder sexuellen Orientierung. Sondern auch, weil ich Sonya bei der Body Love Conference kennen gelernt habe. Und ihr zutraue, dass sie ein großartiges Projekt auf die Beine stellt …
Weise Worte von Jes Baker, Bloggerin und Organisatorin der Body Love Conference: Wie weit Selbsthass in unserer Gesellschaft verbreitet ist, warum er so massiv schadet, und warum es ein revolutionärer Akt ist, sich selbst zu lieben …
Von der Karriere bei einem großen Konzern zur eigenen Plus-Size-Secondhand-Boutique: Die Wienerin Sabine Pausch hat den Schritt gewagt.
VIE: Wie kann ich Dich meinen LeserInnen vorstellen?
Sabine Pausch: Als Vollblutfrau, die mittlerweile zu ihren Kurven steht und sich dabei absolut wohl fühlt.
Das war nicht immer so?
Bei meiner Maturafeier trug ich ein Kostüm in Größe 48.Über die Jahre hat sich meine Konfektionsgröße ständig geändert, ich pendelte zwischen Gr. 50 und 56 hin und her. Nach unzähligen Diäten, Büchern über Ernährung, Hypnose, Akupunktur, verschiedenen Sportversuchen und Pseudomaßnahmen hatte ich schließlich Konfektionsgröße 60 erreicht. Das war dann auch der Zeitpunkt, wo ich meine Lebenseinstellung zum Thema Gewicht und damit auch zu mir selbst änderte.
Heute habe ich Konfektionsgröße 52, mein Gewicht pendelt max. 2-3 kg auf und ab. Ich bin, wie ich bin und ich bin gut so. Diese Erkenntnis hat allerdings 30 Jahre Arbeit erfordert.
Was hat Dich inspiriert, eine Plus-Boutique zu eröffnen?
Mein Leben, meine Bedürfnisse und meine Erfahrungen. Mode hat mich schon immer interessiert. 1983 gab es kaum Modisches in meiner Größe. Der finanzielle Background und fehlender Mut ließen mich dann aber einen anderen Weg einschlagen. Nach mehr als 25 Jahren in einem internationalen Konzern war es für mich Zeit, etwas Neues zu machen. Es dauerte nicht lange und meine Gedanken kreisten ausschließlich darum, mir meinen lange gehegten Wunsch zu erfüllen. Ich entwickelte das Konzept für einen Plus Size Second Hand und eröffnete schließlich im Mai 2013 das Lady2 Mode-Wohnzimmer in Korneuburg (Anm Rhea: Stadt in der Nähe von Wien).
Was genau bietest Du in Deiner Boutique an? Ist es schwer, schöne Sachen zu finden?
Ich biete ein gutes Gefühl, ein fröhliches Shoppingerlebnis und individuelle Beratung an, wie mir viele Damen bestätigen. Aber die Frage war wohl anders gemeint.
Ich verkaufe Damenmode ab Gr.46. Sowohl gepflegte Markenware aus zweiter Hand als auch Neuware. Durch diesen Mix ergibt sich eine wahre Fundgrube an Farben, Schnitten, Stoffen. Abgerundet wird das Angebot durch Handtaschen & Accessoires, sowie Kunsthandwerk. Diese breite Auswahl macht es auch leicht, verschiedenen Körperformen, Stilen und Vorlieben gerecht zu werden.
Wobei du dir ja nicht nur über das Angebot Gedanken machst, sondern auch, wie es präseniert wird …
Ich habe bei der Gestaltung des Geschäftes auch besonders auf großzügige Raumgestaltung, ausreichend Sitzplätze, eine geräumige Umkleidekabine und große Spiegel geachtet, damit das Gustieren, Probieren und Zusammenstellen eines neuen Outfits so richtig Spaß macht.
Gibt es Diskrepanzen zwischen dem, was die Hersteller anbieten und was die Kundinnen wollen? Wenn ja, welche? Was fehlt Plus-Frauen in Sachen Mode noch?
Ich denke hier wird sich ein Dialog zwischen Kundinnen und Herstellern entwickeln müssen. Nachdem Plus Size Mode bisher ein Schattendasein fristete, sind wir Frauen schon zufrieden, dass wir mittlerweile eine Auswahl haben und lassen eigene Wünsche meistens noch unberücksichtigt.
Großen Nachholbedarf sehe ich aber jedenfalls in den Bereichen Dessous, Bademode und Sportbekleidung.
Welche Trends kann man in den nächsten Jahren erwarten?
Anfang Juli war ich auf der „Curvy is sexy“ in Berlin, um die Modelle Frühjahr/Sommer 2015 anzusehen. Ein Trend ist für mich nicht abzusehen. Meiner Meinung sind die Hersteller noch zu wenig mutig. Es ändern zwar Farben und Stoffe, an (wirtschaftlich erfolgreichen) Schnitten wird aber meist festgehalten.
Einen Trend den ich zu erkennen glaube ist aber, dass wir sog. Plus Size Mädels von der Industrie verstärkt wahrgenommen werden. Dadurch erwarte ich mir für die nächsten Jahre ein größeres Angebot und mehr Mut zu körperbetonter Mode. Inszenieren statt Kaschieren. Hoffentlich kein Wunschdenken.
Was heißt Plus-Lebensstil für Dich?
Ich achte auf meinen Körper und auf meine Seele. Ich bin ein sehr positiver Mensch, geniesse jeden Tag und freue mich über alles, was mich weiterbringt. Besondere Freude habe ich an guten Gesprächen und dazu habe ich in meinem Geschäft wirklich viele Gelegenheiten. Aber das würde ich nicht explizit als Plus-Lebensstil bezeichnen.
Du organisierst ja diverse Events von Modeschauen bis zu Frauenabenden. Warum ist dir das so wichtig?
Ich finde wir Frauen haben vielfältige Erfahrungen und Interessen. Mit den Ladies Nights möchte ich eine Plattform bieten, wo unterschiedlichste Themen und Ideen vorgetragen, diskutiert, weitergetragen werden. Von Frauen für Frauen. Bei den Modeschauen laufen beispielsweise ausschließlich Kundinnen von mir. Ohne Laufstegtraining, dafür mit viel Freude und Engagement.
Was planst Du für die Zukunft?
Weil mir der Zusammenhalt und Austausch von uns Frauen ein großes Anliegen ist, möchte ich die Veranstaltungen zukünftig in größerem Rahmen veranstalten, um mehr Frauen zu erreichen. Die Idee reift erst seit Kurzem und ich benötige dazu noch etwas Zeit. Darum kann ich noch nicht mehr verraten. Wünsche und Anregungen sind aber jederzeit herzlich willkommen. Was für Marken magst du, und warum?
Ich möchte mich nicht auf spezielle Marken festlegen. Ich persönlich mag gerne Mode aus Naturfasern und finde Lagenlook sehr bequem. Es kommt aber immer auf den Anlass an.
Welche Plus-Frauen inspirieren Dich?
Grundsätzlich inspiriert mich jede Frau. Beachtlich finde ich die Arbeit von Tanja Marfo und Christin Thomsen, die eine tolle Bewegung in das Plus-Size-Thema bringen, natürlich, charmant und ohne erhobenen Zeigefinger. Dem Motto von Tanja „Unterstützen wir uns gegenseitig! Wir Frauen können zusammen vieles bewirken!“, kann ich mich nur anschließen.
Was sind Deine liebsten Ressourcen, online und offline?
Die Mode betreffend, sind meine Kundinnen meine beste Ressource. Das ist eine unerschöpfliche Quelle, denn so vielfältig wie wir Frauen sind, sind auch die Meinungen, Ideen, und Wünsche. Gerne besuche ich auch Kunsthandwerksmärkte und lasse mich inspirieren. Natürliche lese ich verschiedene Blogs und Frauenmagazine, besuche Messen und halte meine Augen stets nach neuen Herstellern offen.
Liegt dir noch etwas am Herzen, worüber man in Sachen Plus-Mode reden sollte?
Der Punkt, der mich wirklich ärgert ist das Thema „Plus Size“ an sich. Bei den Herstellern spricht man von Plus Size und meint Größe 40/42. In Magazinen und Katalogen haben die Models selten eine wirklich große Konfektionsgröße. Wir sprechen von Zero Size, Plus Size, Toleranz, Akzeptanz, Diversität usw. Ich mag es einfach nicht, wenn versucht wird, jede Frau in irgendein Schublädchen zu stecken, zu klassifizieren, in Rahmen zu pressen und ich wünsche mir sehr, dass wir zukünftig einfach von Mode sprechen.