The World Famous BOB! (c) Deirdre Schoo
The World Famous BOB!
(c) Deirdre Schoo

Mein Girlcrush für The World Famous *BOB* begann, als ich vor ein paar Jahren Jo Weldons Burlesque-Handbuch las und über *BOB*s Namen stolperte. Dass hinter dem einzigartigen Namen auch eine entsprechend fabelhafte Person steckte, merkte ich bei meiner Reise nach New York im Herbst 2011, wo ich die 1,80 große Blondine als kokett-freche Gastgeberin in Burlesque-Clubs und als Coach bei ihrem Ultimate Self Confidence Workshop erleben konnte. Bei der Body Love Conference im April erzählte *BOB* mir dann von einem geplanten Wien-Trip zu Boylesque-Festival und Lifeball, und schlug mir vor, ihr ein wenig mein Grätzel zu zeigen – wie konnte ich da nein sagen? *BOB* und ich machten vor drei Wochen also den Naschmarktflohmarkt unsicher, und sie erzählte sie mir bei Nachos und Salat im Orient Occident über ihren ganz eigenen Weg zu sich selbst, über ihre Vorbilder und den World Famous Lifestyle.

VIE: Hi *BOB*. Schön, dass Du in Wien bist.

*BOB*: Hi, es ist schön, dich und deine Leserinnen zu treffen. Mein Name ist World Famous *BOB*, und das ist auch mein Job. Das ist übrigens zu 100% mein Name, ich habe ihn mir rechtlich ändern lassen. Wenn ich nicht auf der Bühne bin, bin ich einfach nur BOB, und auf der Bühne bin ich World Famous (weltberühmt). Ich bin ein Burlesquestar, Gastgeberin von Burlesque-Shows und ich coache Menschen im Bereich ultimatives Selbstvertrauen.

Du bist so glamourös. Wie hast Du deinen Stil gefunden?

Als ich jung war, stand ich sehr auf New Wave. Siouxie and the Banshees, Boy George, Nina Hagen, The Cure und so weiter – so habe ich sehr viel Übung in Sachen Make-Up bekommen. Als Teenager habe ich jeden Tag zwei Stunden mit dem Schminken verbracht, und das war eine sehr gute Vorbereitung auf das Showbusiness. Mein Stil ist eine Mischung aus Jayne Mansfield, Divine, Dolly Parton und Marilyn Monore. Ich bin sehr inspiriert von Geschöpfen, die over the top (überdrüber) feminin sind.

Du hast eine sehr spannende und ungewöhnliche Reise in Sachen Selbstliebe hinter dir

Das ist eine lange Geschichte, wirklich. In Kern geht es um das Thema gender, also Geschlechteridentitäten. Ich bin in Kalifornien aufgewachsen, auf einer kleinen Farm außerhalb einer kleinen Stadt namens Paso Robles. Unsere Farm lag sehr isoliert, es gab nur ein paar andere Farmen, aber ohne Kinder, ohne Spielgefährten, nur Tiere (die ich allerdings heiß liebe). Ich bin in einem sehr ungemütlichen Haushalt aufgewachsen, um mich gab es viele mentale Gesundheitsprobleme und viel Gewalt. Ich hatte aber immer eine überschäumende Vorstellungskraft, die ich nütze, um dem irgendwie zu entkommen und zumindest geistig irgendwo anders zu sein.

Das schlimmste, was man bei mir zu Hause sein konnte, war eine Frau, und meine Mutter hatte es am übelsten von allen. Also beschloss ich schon sehr früh, dass ich keine Frau sein wollte, dass ich keine Frau bin. Ich war sehr trotzig und aufsässig, wenn man mich in die Rolle der Frau drängte, mit all den Erwartungen, die dazu gehörten. Mit 15 beschloss ich dann entgültig, dass ich keine Frau mehr sein wollte, und begann, mich als Mann zu identifizieren, und zwar als schwuler Mann – das war ganz eindeutig das, was ich war. Und ich wollte eine Dragqueen sein.

Wie kam das?

Mit 15 sah ich Jimmy James, eine sehr berühmten Drag-Performer, und seine Darstellung von Marilyn Monore. In den 80-ern hatten wir auf der Farm einen Fernseher, und dort sah ich ihn: Er kam auf die Bühne, und er war alles, was ich sein wollte. Blond, berühmt, schön, fancy. Und ich dachte, wenn ein Mann so schön sein kann, kann ich das auch. Also werde ich ein Mann sein. Das erste Beispiel einer Frau, die so war, wie ich sein wollte, war also ein Mann.

Die Leute, die mich liebten, waren sehr pragmatisch. Sie sagten mir: „Du kannst keine Dragqueen sein, du bist eine Frau.“ Ich wollte mich aber nicht aufhalten lassen, habe sogar über eine OP zur Geschlechtsänderung nachgedacht. Ich bin von zu Hause weggezogen, nach Hollywood, dann San Francsiso, um in den Nachtclubs als professionelle Dragqueen aufzutreten. Ich habe ich mich am Tag als Mann gefühlt bin und in der Nacht als im Drag-Outfit aufgetreten. Ich war sehr bedacht, meine Kehle zu verstecken, weil ich keinen Adamsapfel habe,habe Handschuhe getragen, weil meine Hände wie die einer Frau aussehen, und habe ganz dickes MakeUp getragen, um den Bart zu verbergen, den ich nicht hatte.

Ich war sehr vorsichtig, wie ich mich als Drag Queen präsentierte. Untertags trug ich weite, sackartige, androgyne Kleider; Männerunterwäsche, Männerdeo, Männerparfum. Nicht ganz wie ein Mann, eher wie sich eine der kurvigen, runderen Dragqueens unter Tags anzieht. Manche – nicht alle – sehen sehr unsexuell aus, keine Augenbrauen und Kurven in sehr weiter Kleidung – so habe ich ausgesehen.

Suche nach sich selbst zwischen den Geschlechterrollen (C) Karl Giant
Suche nach sich selbst zwischen den Geschlechterrollen (C) Karl Giant

Und San Francisco und die Szene haben Dich verändert …

In San Francisco habe ich auch begonnen, mit Transsexuellen abzuhängen – mit Männern, die zur Frau wurden. Ich fand sie großartig, so schön und tapfer, und war beeindruckt, dass sie gegen so viele Widerstände kämpften. Es waren die schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte, und wieder zeigten mir Menschen, die ursprünglich einen Männerkörper hatten, einen neuen Weg. Für diese Menschen war das Frausein eine bewusste Entscheidung, war etwas, dass sie mehr wollten als alles andere auf dieser Welt – das Frausein, dass ich als Kind verworfen hatte. Sie inspirierten mich so, dass ich meinen Freunden sagte: ich ziehe nach NY und werde eine Transsexuelle. Niemand hat das in Frage gestellt.

Was ich damit meinte, war: ich würde nach NY gehen, und endlich rausfinden, wie es war, eine Frau zu sein. Das hört sich für viele Menschen jetzt sehr verwirrend an, und ich vereinfache es so: ich bin eine spirituelle Transsexuelle. Ich habe eine Geschlechteränderung gemacht, ohne mich operieren zu lassen – eine spirituelle Transformation. Ich sage das auch aus Respekt vor den Leuten, die eine operative Transformation hatten und haben – viele meiner Freunde und Familienmitglieder haben so etwas hinter sich.

Es gibt verschiedene Arten der Transformationen und Wandlungen. Man muss nicht unbedingt operiert sein. Manche Leuten ist es sehr wichtig, das ihr Herz und die Seele den Körper komplett widerspiegelt. Für andere reicht auch nur eine teilweise Operation. Manche brauchen gar keine, es ist eine spirituelle Verwandlung.

Also bist Du nach New York gezogen …

Ich zog also nach NY, und fing an, in den berühmten Nachtclubs Limelight und Tunnel zu arbeiten, als Transsexuelle. Manchmal warf man mir vor, ich wolle die Leute belügen, und dass das gemein von mir sei, aber ich log nicht. Für mich stimmte es.

In New York hat mir meine Drag-Mutter Jacky B. (eine berühmte Dragqueen, die jetzt in LA lebt) meinen Bühnennamen World Famous verpasst, vorher war ich nur BOB. Jacky fand das zu simpel, und machte mir Visitenkarten, auf denen World Famous *BOB* stand. Meine Mutter gab mir den Namen, als ich 25 war.

Wie kam es dazu, dass du mit Burlesque angefangen hast?

Eines Tages nahm mich Jacky B. zum Perücken-Shoppen in den berühmten Wigstock-Laden– für meine Shows ich hatte diese Nina Hagen trifft Lilly Muster-Perücke, und ab und an ein riesiges blondes Teil a la Dolly Parton. An diesem Tag habe ich meine erste Marilyn-Perücke ausprobiert, und ich sah mich im Spiegel und sah Jimmy James, die Dragqueen aus dem Fernsehen Meine innere 15-Jährige erinnerte sich, und ich wusste: das muss ich als nächstes machen. Das ist mein Schicksal.

Für meinen nächsten Auftritt im legendären Nachtclub The Cock stellte ich also einen Marilyn-Act zusammen, bei dem ich Martini in meinem Dekolletee mixte – meine berühmteste Nummer. Alle waren so überrascht, weil ich an sich so Punkrock war, und auf einmal als 50-er Jahre Marilyn aufgekreuzte. Ein Typ an der Bar sprach mich an: „Ich liebe deine Burlesque-Nummer.“ Ich fragte ihn: „Was ist Burlesque?“ Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach. Er rollte die Augen: „Schau es nach, ja?“

Ich ging also in die Bücherei (das war vor 18 Jahren, es gab noch keine Smartphones), und ich verliebte mich in Buresque. Es gab noch da auch niemanden, der es mehr machte. (Anm Rhea: Burlesque erlebte den Niedergang in den 60-ern und 70-ern).

Burlesque ist in meiner Reise hin zur Selbstliebe auch sehr wichig. Damals bin ich damals zwischen LA und NY gependelt, um aufzutreten, und die Produzentin der berühmten Truppe Velvet Hammer Burlesque in L.A. hat mich in der Zeitung gesehen und mich vom Fleck weg gebucht hat. Sie hat mich dann gefragt, ob ich Dirty Martini, Julie Atlas Muz und Kate Valentine (Pionierinnen des New Burlesque kenne). Ich sagte nein, bat sie um ihre Nummern und kontaktierte sie, sobald ich ich wieder in NY war. Ich war damals in den Schwulenbars ziemlich alleine mit meiner Nummer, und dann machte ich meine erste Performance mit anderen Frauen im Va Va Voom Room. Als ich Backstage war mit Dirty und Julie und Miss Astrid war, sah ich mich um, und zum allerersten Mal war ich von Frauen umgeben, die genauso waren, wie ich sein wollte. Verschiedene Körpertypen und Kleidergrößen, und alle hatten zu viel Makeup und riesige Perücken, und sie alle lachten und hatten einander lieb, es gab keine Konkurenz. All die Sachen, die mir am Frausein Angst machten? Diesen Frauen taten es nicht. Sie unterstützen sich, es gab keine Restriktionen, und durch sie habe ich gedacht: Vielleicht kann ich endlich den Übergang vom traurigen kleinen Mädchen zur New Wave zu Drag Queen zu Tranny und zu einer echten Frau machen, und endlich echt Frau sein.

Diese Frauen waren und sind mein Vorbild, und jetzt sind sie meine Freundinnen und meine Familie. Ich finde es wichtig, die ganze Sache zu erzählen. Ich kann immer noch nicht an allen Tagen sagen, dass ich mich zu 100% als Frau fühle. Das mag verrückt klingen, aber es ist mir egal. Ich lebe nicht in der Welt anderer Leute, sondern in meiner Welt und meinem Körper. Meine Freundinnen haben mir aber einen Weg gezeigt, Frau zu sein, der sich großartig anfühlt.

Teil 2 des Interviews – über World Famous Lifestyle. Shopping Tipps und ultimatives Selbstvertrauen.

World Famous Lifestyle: Mit *BOB* in Wien (c) Rhea Krcmárová
World Famous Lifestyle: Mit *BOB* in Wien (c) Rhea Krcmárová