Ein paar Eindrücke von meiner Textperformance KörperBilder im Rahmen des Vienna Video Poetry Festivals am 6.11.2014 – die Visuals stammen von 4youreye, mit denen ich das erste Mal zusammengearbeitet habe. Mein Text und die Performance beschäftigen sich mit Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit weiblicher Körper in unserer Gesellschaft und unserer versteckten Geograhie.
Ein Textauszug aus KörperBilder (c) Rhea Krcmárová, 2014
Ich vermisse die Wärme meines eigenen Körpers
Versteckt unter berührungslosen Schichten
Jede Wärmebildkamera sucht vergeblich nach mir
Gut isoliert unter meinem eigenen Schicht Schutz
Schutzspeck aus Wolle oder auch nicht
Man weiß, Kleidung soll vor Kommentaren isolieren
Daunenjacke als Gefechtsgeschütz, selbst angezüchtet
Kevlarersatz aus Textil oder aus Fleisch oder aus Haut,
Nur leider nicht ganz so wirksam
Hautsache ist, nicht auffallen, sagt die geschärfte, die gescheuchte,
Die geplagte Innenstimme
Meine Nebenschauplätze nicht zur Schau stellen
Von alten Kriegslinien, meinen Kriegslinien ablenken
Problemzonenvermeidung, raten die Medien
Kein Terrorist auf meinen Hüften
Keine Bodenluftraketen, Geiselnahmen
Geigerzähler tanzt nicht über meiner Haut
Trotzdem das Urteil, vernichtend genug: Problemzone
Sie nennen es
Fat talk
Ich sage
Bad talk
Ich sage
Mad talk
Irgendwer sagte einmal, die inneren Werte sind zu zählen.
Heute will man Haut sehen.
Nur nicht irgendeine.
Nur nicht meine, und die von den Meinen.
Sichtbar
Sich bar
Barstellen
Barhäuptig
Barbrüstig
Aber nur, ohne selbst daran gefallen zu finden
Ich soll mich hautlos fortbewegen, wenn es nach Mehrheit der Meinungen geht.
Aber ich weigere mich.
Unsichtbarkeit mag für andere Schutz sein.
Mir und meinem Wesen liegt sie nicht.
Ich will mich nicht mit Flüssen vergleichen müssen
Die unter der Erde fließen
Deren Lauf man nur ahnt
Die aufscheinen auf Landkarten als wage Punkte
Wenn überhaupt
Unerforschbar
Interessant nur für eingeweihte Kreise
Weil ohne auf den ersten Blick erkennbare Werte
Panta rhei
Alles fliest
Aber nur unter der Erde
Und wenn ich irgendwann ins Meer münde,
oder mich mit dem Lauf eines anderen Flusses verbinde
habe ich nie existiert
Weil niemand je nach mir gesucht hat
Lieber den zögerlichen Bachlauf, Bauchlauf an der Oberfläche sehen, sagt man
Als füllige Gewässer unter der Erde
Neugier hat im Durchschnitt noch nie eine Rolle gespielt
Nur, was sichtbar sein darf, zählt
Darum verlasse ich mein Wasser-Bett in der Höhle
Nehme meinen Platz in der Geographie der Welt ein
Amazone wird zum Amazonas
So breit und so fett, wie es ihr zusteht
Nebenarme, Deltas, nährend, tödlich, entsprechend gewaltig
Eine Göttin, weiß man, steht am Anfang jeden Flusses
Sie nimmt den Raum ein, der ihr zusteht
Fließt durch alle Landschaften, StadtFeldBerg,
Ich bin Sedna, die vom Grund,
Die ihre Finger, ihre Tentakel und ihre Gedanken abschneidet,
Und die blutigen Gliederreste werden zu Fischen und Quallen und Seehunden
Wenigstens zu etwas nützlich
Wenn ich schon kein Planet bin, der zählt
Acht oder neun Planeten, nur eine Göttin
Die Schöne, selbstverständlich
Die Klugen und Starken und Bewaffneten und Mütter und die Schöpferinnen und die dunklen Versucherinnen
Sind Trabanten, wenn denn überhaupt
Kaum sichtbare Himmelskörper
Oberflächen ohne eigene Umlaufbahn
Man hat uns eine Dreifaltigkeit aufgezwungen
Und unsere eigene kastriert
Nur die junge Göttin ist sichtbar, ist frisch und naiv
Die Mutter wird auf Nutzen überprüft
Die Alte wird verleugnet
Hebe Sheila
Hekate
Zeig dein alterndes Geschlecht
Das Loch zwischen den Welten, den Übergang
Zeigt es euren Enkeltöchtern, wie man es richtig macht