spiegel
er sei dein spiegel, waren ihre worte.
nun, was er schön sieht, zählt.
meine augen zählen nicht. nur wenn sie ihm gehören.
meine schönen augen, ausdruckshaft, betonend und nicht hervorgehoben.
rot gerändert habe ich sie in ehrlicher schönheit.
und sie gehören nur ihm.
er soll dein spiegel sein, hat sie gesagt
mein unterer rücken ist nichts wert.
es sei denn, er lässt sich herab. ihn wahrzunehmen.
mein schönes rundes hinterteil. festgewandert, in form gelaufen.
nur durch ihn wird es sichtbar.
doch jahre kommen. ihre macht am schwinden.
und nach und nach verblasst ihr schleier vor meinen augen.
und meine macht beginnt.
und meine schönheit beginnt.
und ich werde mein spiegel
sonnenfältchenlächeltanz
sonnenfältchenlächelkranz
lädt dich ein zu meinem Tanz
augenrahmenbilderblick
hin und her, vor und zurück
strahlekrähengrinsefuss
dreh im kreis dich voll genuss
tälerblickebergebraun
tanz die schönheit aller frau´n
wimpernfächerschattenbild
sanft und wiegend, frech und wild
sonnenfältchenlächelkranz
meiner schönheit einen tanz
Zur Erklärung:
Vor einigen Jahren war ich Stipendiatin des Autorentheaterprojekts wiener wortstaetten, mit deren Unterstützung ich nicht nur mein erstes Stück reigen reloaded geschrieben habe, sondern auch mein erstes großes transmediales Kunstprojekt auf die Beine stellen konnte – Schönheit zum Quadrat. Ich habe in Wien – genauer gesagt im Planquadrat der Bezirke 4/5/6 Frauenorte gesucht (vom Bauchtanzstudio über die Fußballmannschaft und das feministische Veranstaltungszentrum bis zum Ladies Only-Sexshop) und dort Frauen aller Altersgruppen und Figurentypen über ihre ganz persönliche Schönheit befragt – diese Frauen mit all ihren individuellen Geschichten und Zugängen wurden für dieses Projekt zu meinen Musen.
Von den Interviews inspiriert, habe ich Texte geschrieben (die z.T. von der Komponistin und Kontrabassistin Birgit Selhofer vertont und bei der Vernissage von uns beiden vorgetragen wurden), Videos gedreht und ein (leider nicht mehr exisiterendes) kleines Blog erstellt. Außerdem habe ich Künstlerinnen eingeladen, die Teilnehmerinnen auch zu ihren Musen werden zu lassen – so haben u.a. die Fotografin Elvira Rajek, Autorin und Malerin Julya Rabinowich, Malerin Nina Hoechtl und andere die Bilder zu meinen Texten geliefert.
Die Idee hinter Schönheit zum Quadrat war, die Frauen einzuladen, eine Muse zu werden – und sich durch den Blick eine Künsterin vielleicht ein wenig anders zu sehen. Ich bin selbst ein paar Mal Modell gestanden, und weiß, wie transformierend es sein kann, sich selbst als eine Komposition als Licht und Schatten und Farbe und Form und Negativräumen zu sehen, und wollte anderen Frauen dieses Erlebnis auch ermöglichen. Es ging darum, den sehr engen Schönheitsbegriff des Mainstreams aufzubrechen, und das an sich selbst feiern, was man mag und schön findet, und es mit anderen zu teilen …
Warum ich das poste? Weil ich sehr überlege, das Projekt in neuer Form wieder aufzunehmen … genaueres weiß ich noch nicht, nur, dass ich es Radical Muse Project nennen will …