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Allgemein

Interview in der neuen Laura

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Gerade entdeckt: die neue Laura ist da (Nummer 25), mit einem Interview mit mir über Selbstbewusstsein, Vorlieben der Männerwelt und das Bild von Plus-Frauen in der Öffentlichkeit. Vielen Dank an Sabine Knapp für das schöne Gespräch. Der Text ist (noch?) nicht online zu finden, sobald ich ihn bekomme, werde ich ihn posten.

(Einziger Wermutstropfen ist das Wort „Hungerharken“ im Einleitungstext, dass ich so gar nicht mag und auch nicht verwendet habe …)

Projekt Accept Every Body

 

(c) http://blog.bhlounge.de/
(c) http://blog.bhlounge.de/

Na also: die Body Love Bewegung erreicht langsam auch Mitteleuropa. Gerade gefunden:das ausgesprochen nette BH-Lounge-Blog, die das Projekt Accept every body ins Leben gerufen haben. george und Anne, die beiden Bloggerinnen, haben es satt, dass Medien und Gesellschaft Menschen immer stärker in eine Norm pressen wollen. „Body Positivity heißt für uns, nicht sofort der Norm das Recht über das Individuum einzuräumen, sondern zu versuchen eine Person erst einmal als ‘einzeln’ und ‘besonders’ zu betrachten“, schreiben sie. Und sie machen sich nicht nur Gedanken, sondern haben im Zusammenarbeit mit einem Profisprecher auch gleich ein Video erstellt, dass ihren Standpunkt richtig schön deutlich macht.

„Unser erstes Video zum Projekt Accept Every Body zeigt, wie wir uns beim näheren Betrachten des uns ständig umgebenden Schönheitsterrors gefühlt haben: Geblendet. Gegängelt. Und irgendwie veralbert. Wenn es nach der Schönheitsindustrie geht, sollen wir uns auf einen Normkörper herauf- oder herunterhungern und wenn wir das nicht schaffen, bitteschön zuschneiden lassen. Dabei wäre nichts langweiliger, als vollkommene Gleichheit. Gerade die kleinen oder großen Unterschiede machen uns zu Menschen und besonders. Und das ist doch etwas sehr Schönes.“

Wunderschöne Gedanken. Ich bin schon gespannt, was die beiden als nächstes auf die Beine stellen …

Girlcrush: Virgie Towar, Fashionista und Aktivistin

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Virgie Tovar, selbstbewusste Kurvenfrau (alle Fotos (c) Virgie Tovar)

Sie ist farbenfroh und engagiert, auffällig und klug, wunderbar selbstbewusst und witzig: Virgie Tovar, amerikanische Autorin und Aktivistin. Ich bin bei meiner Recherche für meinen Roman auf Virgie und ihre Arbeit gestoßen, und freue mich, sie hier vorstellen zu können. Virgie ist eine der führenden US-Expertinnen auf dem Gebieten Körperbilder und Dickendiskriminierung, Herausgeberin der Anthologie „Hot & Heavy: Fierce Fat Girls on Life, Love and Fashion“ (etwa: Heiß & schwer: Dicke Powerfrauen über Liebe, Leben und Mode) und hält Vorträge an diversen großen Unis. Medien wie Huffington Post, Bust Magazine, MTV und Al Jazeera berichten regelmäßig über ihre Arbeit. Sich selbst beschreibt Virgie als „fabelhafte fette Frau, die in San Francisco lebt.“ Sie liebt die Farbe pink, Glitter, Tiramisu, Bikinis und Chihuahuas, die so winzig sind, dass sie in Teetassen passen. Ich freue mich, dass sie Zeit gefunden hat, mit mir über Mode und Selbstliebe und die Wichtigkeit von erotischen Kurzgeschichten zu reden.

VIE: Du siehst auf Fotos immer so fierce aus. Wie hältst du es mit Stil und Mode?

Mein Stil wird von Miss Piggy und Dolly Parton beeinflusst, von den Diven der Seifenopern der 80-er (wie Dynasty und Twin Peaks), und definitiv auch von Street Fashion. Ich beschreibe meinen Stil als „hochgradige feminines, überdrüber kitischiges molliges Sexkätzchen mit Attitüde“. Ich liebe Wildtiermuster, alles rosafarbene oder/und alles mit Süßigkeiten und mit Tierchen drauf (am besten alles zusammen), Bleistiftröcke und Bademode (Fatkinis). Ich ziehe mich an, um gesehen zu werden. Bei dicken Frauen ist das Gesehen werden ein politisches Statement. Ich sehe meinen Körper als Leinwand. Je größer der Körper, desto größer die Leinwand, auf der man sich selbst ausdrücken kann. Ich liebe riesigen Schmuck, leuchtende Farben, auffällige Muster, bauchfreie Tops, kurze Röcke, und ich mag es, meine Lieblingslooks mit ein paar Zentimetern an Dekolletee, riesigen Sonnenbrillen und hochglänzendem Lipgloss abzurunden. Wenn die Sonne scheint, ist ein Sonnenschirm PFLICHT.

Was heißt Plus Size Lebensstil für Dich?

Für mich ist es der einzigartige Lebensstil, der mir ermöglicht wird, weil ich überlebensgroß bin. Es ist das Bewusstsein, dass mein großer und üppiger Körper nicht nur einzigartig und schön und interessant ist, sondern auch kraftvoll und mächtig. Es ist ein Lebensstil, wo ich die Regeln aufstelle. Ich bin kein „gutes Mädchen“, das jemandem anderen erlaubt, zu bestimmen, was sie essen soll oder welche Kleidergröße ihr Körper haben soll. Mein Leben ist voll von Freunden und Geheimnissen, dekadenten Desserts und fabelhaften Outfits!

Virgie weiß, was ihr steht, und was ihr Spaß macht …
Virgie weiß, was ihr steht, und was ihr Spaß macht …

Hast du dich immer schon geliebt, und wenn nicht, wie hast du es gelernt?

Ich glaube fest daran, dass jeder sich am Anfang selbst liebt. Oder wir beginnen unser Leben noch einfacher, sind uns unseres Körpers nicht besonders bewusst und legen keinen besonderen Wert auf seine Form und Fähigkeiten. Uns ist völlig bewusst, was wir brauchen: Liebe, Essen, gebadet werden, vielleicht ein paar Spielsachen. Mein Körper war nicht von Anfang an mein Feind, aber man hat mir über Jahre beigebracht, meinen Körper zu hassen. Man hat mir beigebracht, dass mein Körper eine riesige Schande war und dass mich niemand lieben oder begehren oder auch nur interessant finden würde, weil ich fett war. Weil es in meinem Leben so viele Menschen gab, die mir alle das gleiche erzählten, fing ich an, ihnen zu glauben. Lange Zeit – zu lange – habe ich geglaubt, dass mein fetter Körper das schlimmste an mir sei und in mir eine dünne Person lebte, die verzweifelt versuchte, sich aus mir herauszukämpfen und ein „wirkliches“ Leben zu leben. Ich war ständig auf Diät. Ich habe wie besessen trainiert. Ich habe versucht, mich zu Tode zu hungern, habe am Ende sogar Skorbut bekommen, was verdammt furchtbar war. Dabei habe ich zu der Zeit gerade in Italien gelebt, was das Ganze besonders furchtbar gemacht hat. Ich war derart überzeugt, dass mein Körper wertlos und hässlich war, und ich habe ihn zu keinem Zeitpunkt geliebt.

Mit Anfang 20 hatte ich einen großen Moment der Erkenntnis, als ich auf Diät war (ich hasste es, Diät zu halten, aber ich war süchtig danach, abzunehmen). Ich begann mich zu fragen: Wie lange noch? Wie lange muss ich noch so leben? Wie viele kuchenlose, käselose, milkshakelose Tage noch, bis ich aufhören kann? Ein Jahr? Nein. Zwei Jahre? Nein. Fünf? Nein. Zehn, Zwanzig? Nein. Nein. Ich würde bis an mein Lebensende so weiter machen. Und in diesem Moment war mir klar, dass das die Antwort war. Trotzdem hat es auch nach diesem Erlebnis noch ein paar Jahre gedauert, bis ich wirklich beschlossen habe, nie mehr Diät zu halten. Und, so glücklich mich das machte, der Entschluss machte mir auch Angst. Ich hatte mein gesamtes Leben damit verbracht, für den Traum zu leben, eines Tages schlank zu sein. Es sich schwer, einen so großen Teil seines Lebens loszulassen. Es war aber eine Entscheidung zwischen diesen beiden Aussichten: Ich konnte entweder mein Leben zerstören, in dem ich dem Traum verfolgte, dünn zu sein. Oder ich konnte die Ideologie zerstören, diese Ideologie, die so viele Frauen dazu bringt, sich zu hassen. Ich habe mich für zweiteres entschieden, und kann mir gar nicht mehr vorstellen, mich anders entschieden zu haben.

Sexy Bademode? Virgie trägt sie …
Sexy Bademode? Virgie trägt sie …

Was liebst du an dir?

Ich liebe mein Lächeln. Ich liebe es, wie ich in einem kurzen Blümchenkleid aussehe. Ich liebe meine süßen Zehen, die Tatsache, dass jede ein bisschen kleiner ist als die vorangegangene. Ich liebe es, dass mein Haar am besten aussieht, wenn ich gerade aus dem Ozean komme, oder wenn ich es nach dem Duschen lufttrocken lasse. Ich liebe es, wenn meine Brüste sich bewegen. Ich liebe meine großen Brillen. Ich liebe meine süßen kleinen Lippen. Ich liebe meinen Bauch, und die zwei Falten, die er hat. Ich liebe meine starken Beine. Ich liebe es, wie meine Haut bräunt und den perfekten Oliveton annimmt, wenn ich in der Sonne war. Ich liebe es, wie ich in türkis und in orange aussehe. Ich liebe es, wie meine Augen aussehen, wenn ich flirte. Ich liebe es, wie meine Stimme klingt, wenn ich verliebt bin. Ich liebe es, wie sich Sand zwischen meinen Zehen anfühlt. Ich liebe es, dass ich bei Keksen am Geruch erkenne, dass sie fertig sind. Ich liebe es, dass ich keine Angst habe, mich für gewaltige Aufgaben zu verpflichten. Ich liebe es, dass mein Lachen andere zum Lachen bringt. Ich liebe die Worte, die ich erfinde. Ich liebe es, dass mich die meisten Sachen neugierig machen. Ich liebe es, dass ich so viel attitude und Kampfgeist in mir habe.

Was ist die Story hinter dem Hot&Heavy-Buch?

Die Geschichte ist lang, aber das Buch ist essentiell Magie.

Es ist die Sammlung sehr persönlicher Geschichten von 31 Frauen, von ihrem Entschluss, sich aus der Kultur von Diäten und Selbsthass auszuklinken. Es sind Frauen verschiedener Kleidergrößen, die aber alle finden, dass das Wort fett und die Diskriminierung der Dicken ihr Leben beeinflusst haben. In den Geschichten geht es um Sex, Mutterschaft, Dates, Mode, Krebs, das Altern, Yoga, und um den Kampf, dich selbst zu lieben, und das in einer Kultur, die dir sagt, dass du niemals genügen wirst.

Welche Frauen findest du inspirierend, Plus-Size und auch sonst?
Miss Piggy, Margaret Cho, Amber Riley, Ricki Lake, Audre Lorde, Michelle Tea, Queen Latifah, bell hooks, Jackie Wang, Alison Jolly, Deb Burgard, Marie Denee (The Curvy Fashionista), Chastity Garner (Garner Style) – so viele !

Süß und selbstbewusst in Shorts …
Süß und selbstbewusst in Shorts …

Tipps, wie man mit hatern (also negativen, hasserfüllten Menschen) umgehen kann?

Wenn ich etwas gelernt habe, dann, dass man die Hasser öffentlich beschämen muss. Ich habe es mir abgewöhnt, mit dem Finger auf sie zu zeigen, sie anzustarren, ihnen die Zungen rauszustrecken, sie an- und auszulachen, über die zu bloggen, und sie zu fotografieren, wenn immer es geht. Die Hasser scheinen es zu hassen, fotografiert zu werden, also mache ich das am Liebsten.

Hast du Tipps für Plus-Frauen, die sich noch nicht sexy/sinnlich fühlen?

Einer meiner Lieblingstipps ist, Erotika zu schreiben, die sich um dich drehen, und um den Körper, den du jetzt hast. Viele Frauen stellen sich ihren Körper anders vor – jünger, fester, dünner, was auch immer. Ich ermutige Frauen, die Körper, die sie jetzt haben, als heiß, sexy und als richtig anzusehen. Wenn du Dessous magst, ziehe sie an. Lege sexy Musik auf. Wenn du Wein trinkst, gieße dir ein Gläschen ein. Eine Stunde lang darfst du den Stift nicht vom Papier heben. Schreibe eine Geschichte über dich, aus der Sicht von jemandem, der dich zutiefst begehrt, und zwar so, wie du gerade bist. Schreib über deinen Körper, deinen Körper, deine Schenkel, und zwar mit Worten, die sie vergöttern. Schreib über die Teile, die zu mögen du Schwierigkeiten hast. Schenk dir in dieser Story ganz viel Vergnügen. Schreib solche Geschichten, so oft du kannst. Lies sie. Sieh, wie sich das beeinflusst.

Bikini-Body, mit obligatorischem Sonnenschirm
Bikini-Body, mit obligatorischem Sonnenschirm

Abgesehen von deinem Blog – was sind deine Lieblingsressourcen.

Curvy Girl Lingerie

The Militant Baker

Decolonizing Yoga

Plus Size Mommy Memoirs

Louise Green

Isabel Foxen Duke

The Curvy Fashionista

Garner Style

Was planst du für die Zukunft?

Ich habe gerade die #LoseHateNotWeight (verlier den Hass, nicht das Gewicht)-Kampagne ins Leben gerufen, und plane für den Sommer 2015 ein interaktives Online-Programm mit diesem Titel. Mein Ziel ist es, mit diesem Programm bis 2020 zehntausend Frauen zu erreichen. Dieses Programm legt den Schwerpunkt darauf, das Verhältnis von Frauen zu ihrem Körper zu ändern, und den Frauen Werkzeuge mitzugeben, um Selbsthass ein für alle Mal loszuwerden. Ich suche dafür gerade Sponsoren und neue Kontakte. Für Neuigkeiten zu diesem Projekt kann man sich auf meine Mailingliste anmelden.

Wenn man mich unterstützen will, kann man den Hastag #LoseHateNotWeight via Social Media verbreiten, sich für meine Mailingliste anmelden, und sich to & Heavy : Fierce Fat Girls on Life, Love and Fashion kaufen – das Buch gibt es als Taschenbuch, ebook und seit neuestem auch als englisches Hörbuch.

Danke für das Gespräch.
Danke auch!

#losehatenotweight
#losehatenotweight

PS: Noch mehr Girlcrush-Interviews hier

Facebook-Tipps für Kurvendamen

Kurvenpower im Facebook-Feed
Kurvenpower im Facebook-Feed

Für alle, die ein bisschen Inspiration abonnieren wollen oder nach neuen Möglichkeiten suchen, sich mit anderen üppigeren Menschen zu verbinden …

Deutschsprachiger Raum

BBW Austria – Kleine und feine Gruppe für Plus-Frauen in Österreich

Kurvenrausch Hamburg: „Kurvenrausch ist Plattform für die +Size-Szene“ sagt Betreiberin Tanja, Powerfrau aus Hamburg. „Kurvenrausch macht Mut. Kurvenrausch ist Community, veranstaltet Fashion-Shows, Beauty-Events, Umstyling-Aktionen, bietet Live-Berichterstattung von Fashion-Shows, ist +Size-Blog und Netzwerkplattform – eben das Online-Life-Style-Magazin für kurvige Frauen.

ReBelles: Die von Tine Wittler gegründete Initiative ermutigt Frauen, aus den vorgegebenen Beauty-Normen auszubrechen. „ReBelles wissen, dass ihr Körper ihnen gehört und nicht dafür da ist, von anderen be- oder verurteilt oder als “schön” bewertet zu werden. Und sie handeln danach!“ Man findet sowohl eine Facebook-Seite für die Initiative, als auch eine geschlossene Gruppe, der man beitreten kann.

Vor kurzem habe ich die Plus Size Beauty-Seite entdeckt, die inzwischen über 3000 Abonnentinnen hat. Wir sind ein kleiner aber feiner Fashion, Lifestyle und Shopping Blog auf facebook“ sagen die vier Administratorinnen Tanja, Lina, Denise, Nadine. „Wir möchten allen Plus Size Frauen Mut machen, sich zu lieben und das Leben zu genießen. We love Curves! Denn auch mit etwas mehr auf den Hüften ist es noch lange kein Grund sich zu verstecken Schönheit kennt keine Größen! In unseren Posts richten wir uns stark nach unseren Leserinnen und gehen auf die viele Nachrichten ein, die wir täglich bekommen.“ Das Quartett plant übrigens einen YouTube-Kanal. Ich bin gespannt und freue mich …

Sensuality in XXL – Deutscher Fotograf, spezialisiert auf kurvige Frauen

Fat Grrrl Activism – Queer, politisch und engagiert

ARGE dicke Weiber – Aktivismus gegen Diskriminierung und für neue Körperbilder

International

Voluptuous Art: Viele inspirierende Bilder von kurvigen Frauen, durchaus auch in Dessous

La Beauté des Rondes, Fat Beauty – siehe oben.

For the love of curvy women – dito.

Venus of Willendorf Project – Kunst, Fotos, Inspiration

Plus-Size-Tänzerin und Aktivistin Ragen Chastain gründete die Gruppe Rolls, not Trolls (Röllchen statt Trolle), um Aktivismus gegen dumme Internet-Kommentare zu starten. Wer sich über schlecht recherchierte, trollverseuchte Berichterstattung ärgert, findet hier Gleichgesinnte.

Go Curvy: YouTube-Kanal und Facebook-Platform

Linda Bacon und Health At Any Size

Body Love Wellness: Seite von HAES-Coach Golda Poretsky

 

Offener Brief an Delna Antia vom BIBER

 

Ich mag den BIBER an sich wirklich, inklusive Delna Antias Kolumnen …
Ich mag den BIBER an sich wirklich, inklusive Delna Antias Kolumnen …

Liebe Frau Antia,

in der letzten Ausgabe der Wiener Stadtzeitung BIBER schreiben Sie eine Kolumne, in der Sie davon berichten, dass Sie wegen ihres sehr schlanken Körpers gemobbt werden. Tenor Ihres Artikels: „Inzwischen geht es den Dicken gut, und man mobbt die Dünnen.“

Zuallererst einmal: das, was man Ihnen über Ihren Körper sagt, finde ich entsetzlich. Keiner hat das Recht, solche Kommentare zu machen, und Ihren Körper zu kritisieren. Ihre Figur und Ihr Gewicht ist ganz alleine ihre Sache, und ich finde es gut, dass man das auch von schlanker Seite thematisiert.

Hier kommt allerdings auch schon mein aber: ich würde mir wirklich wünschen, zumindest ein einziges Mal einen Artikel zum Thema “stop the skinny bashing” zu lesen, ohne Phrasen wie “den Dicken gegenüber würde man solche Kommentare nie machen / die Dicken lässt man in Frieden / die Dicken werden mit Samthandschuhen angefasst.”
Wissen Sie, warum? Weil es schlicht und ergreifend nicht stimmt, und ich mich frage, wie Sie zu diesem Schluss kommen. Stimmt schon, in unserer Kultur hat das Kritisiert werden langsam auch die Dünnen erreicht, und das ist eine sehr ungute Entwicklung. Das heißt aber nicht, dass es den Dicken gut oder besser geht. Ganz im Gegenteil.

Ein paar Beispiele gefällig? Es gibt – ohne Übertreibung – hunderttausende mehr:
– Die Macherinnen der Fattitude-Doku wurden für ihre Kickstarter-Kampagne “Fattitude” für einen Dokufilm über Vorurteile in Populärmedien massiv gemobbt, bis hin zu Vergewaltigungs-Drohungen und Mordaufrufen.
– Letztes Jahr gab es auf Twitter eine Fat Shaming Week.
– Dicke Frauen verdienen bei gleicher Qualifikation weniger als schlanke
– Diverse Studien zeigen, dass viele Ärzte und PflegerInnen dicken PatientInnen massive Vorurteile gegenüber haben
– Die dicke Bloggerin und Tänzerin Ragen Chastain wurde von unbekannten mit Eiern beworfen – beim Lauftraining für den Marathon
– Nach einem Interview und Bericht über mein Buch in der Woman im Jänner hat mich eine junge Dame auf der Woman-Facebookseite als “Pottwal” bezeichnet und sich über das Lob der Unmäßigkeit aufgeregt (besonders sensibel, wenn man bedenkt, dass ich im Interview von meinem jahrelangen Kampf gegen eine Essstörung erzählt habe).
– Alle meine molligen und dicken Freundinnen berichten von einem ungebrochenem Strom an dummen Kommentaren und Aggression ihren Körpern gegenüber.
– Noch mehr WTF-Momente, die mir selbst widerfahren sind, finden Sie in diesem Blogpost. Und die Liste ließe sich fortsetzen. Ganz ehrlich, wenn das Samthandschuhe sind, möchte nicht wissen, wie man Dicke barhändig behandelt …

Dazu kommt, dass Dicke in der medialen Öffentlichkeit nur ganz am Rande vorkommen, sieht man von solchen menschenverachtenden Shows wie Biggest Loser und dicken Sozialhilfeempfängerinnen in Realityshows ab. Sicher, es gibt ein oder zwei Sängerinnen und zwei, drei Komikerinnen, aber das war es auch schon. Romantische Heldinnen oder Actionfilmheroinen oder meinetwegen fiese Fashionredakteurinnen jenseits von Größe 44? Fehlanzeige. Plus-Models, die mehr als Größe 42 haben? Sind immer noch eine ziemliche Ausnahme. Und nicht, dass es in keine interessanten dicken Frauen gibt, sie werden von den Medien bloß hartnäckig ignoriert. Wann haben Sie das letzte Mal eine Frau mit Größe 50 am Cover von Vogue oder Elle oder meinetwegen der Wienerin gesehen?

Und warum finden sich eigentlich auch im Biber so gut wie nie Frauen mit meiner Kleidergröße? In der Ausgabe, in der Sie ihre Kolumne mit „Alles dreht sich um die Dicken“ betitelt haben, war KEIN EINZIGES Bild einer Frau jenseits von Größe 40. (Ironisch, oder?) Und auch sonst tut sich der Biber nicht gerade als size friendly hervor. Ich bin BIBER-Fan seit der ersten Nummer und lese so gut wie jede Ausgabe, aber ich kann mich an kein einziges Modeshooting mit einer Plus Size Frau erinnern, an keinen einzigen Shoppingtipp für größere Größen, an keine einzige Erwähnung eines Plus Size Blogs … (dabei sind wir dicken Mädels auch nicht anders. Wir lieben Mode und Schuhe und Romanzen und Abenteuer und Reisen und eigentlich alles, was die Dünnen auch mögen). Es gab ein oder zwei Texte von Menerva Hamadi, die das Thema irgendwie streiften, und das war es schon. In all den Jahren, in denen es den Biber gibt, waren Dicke so gut wie unsichtbar. Wie war das nochmal von wegen „alles dreht sich um die Dicken?“
Abgesehen davon: Phrasen wie “Haltet die fette Pappen”, das Wort Speckrollen und das unglaublich ausgelutschte Bild des trampelnden Elefanten lassen den Schluss zu, dass Ihre Samthandschuhe beim Schreiben des Artikels offenbar gerade in der Waschmaschine waren. Und nein, Diäten in diversen Zeitschriften publiziert man nicht aus Sorgen um die Dicken – schließlich weiß man seit Jahren, dass Diäten nicht funktionieren und allzuoft die Menschen in üble Essstörungen treiben. Diäten dienen eher dazu, Frauen von ihrem Körper zu entfremden, und sie klein und beschäftigt zu halten.

Wie redundant und wenig hilfreich solche “allen Dicken geht es gut und man geht auf uns Dünne los”-Texte sind, kann man auch in Lindy Wests Artikel auf jezebel.com nachlesen, der schon vor fast einem Jahr erschienen ist.

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Ich finde es jedenfalls schade, dass Sie sich über schlechte Behandlung durch andere Frauen beschweren, es aber nicht schaffen, einen Kommentar zu schreiben, ohne selbst Gift zu versprühen. Und das dient der Sache nicht. Eine Konversation zum Thema Körperbewusstsein und Selbstliebe ist längst überfällig, vor allem in den heimischen Medien. Mit Texten wie diesen schießen Sie sich aber selbst ins Aus, was wirklich nicht sein muss – ich schätze Sie als engagierte und intelligente Journalistin, und frage mich, warum gerade jemand wie Sie einen so flapsigen, schlecht recherchierten und ziemlich undurchdachten Text zur Veröffentlichung frei gibt. Man reduziert sein eigenes Leid nicht, indem man das Leiden einer anderen Gruppe anerkennt. Im Gegenteil, es hilft einem, die Gemeinsamkeiten zu erkennen, und die Mechanismen, die dahinter stecken.

Wir leben in einer Kultur, in der Frauenkörper (und auch immer mehr Männerkörper) zum Objekt des öffentlichen Diskurses werden. Und, ja, manche Menschen (dick und dünn) reagieren auf Jahre der Kritik und Aggression ihnen gegenüber, in dem sie den Körperhass weitergeben (nochmals: das ist weder richtig noch produktiv). Wenn wir Körperhass und dumme Kommentare ein für alle Mal abschaffen wollen, müssen wir erkennen, dass wird das nur gemeinsam schaffen können. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Frauen ohnehin gegeneinander aufgehetzt werden – Hausfrau gegen Karrierefrau, Inländerin gegen Migrantin, Schlanke gegen Dünne und so weiter, im Sinne des guten, alten divide et impera (teile und herrsche)-Prinzips. Das muss aber nicht sein. Ich war vor einem Monat in Tucson, Arizona, als einzige Europäerin bei der Body Love Conference, wo über 400 Frauen aller Figurentypen und Ethnien und Altergruppen sich über neue Strategien zum Thema body awareness ausgetauscht haben. Und ich finde, es wird höchste Zeit, dass man auch hierzulande beginnt, über das Thema zu diskutieren und neue Strategien zu entwickeln. Gemeinsam.

Schaffen Sie es, sich von Ihren Vorurteilen zu lösen und with an open mind auf das Thema Körperdiskriminierung und Selbstliebe zuzugehen? Ich habe vollstes Vertrauen in Sie, Frau Antia, und freue mich auf einen offenen, konstruktiven Dialog.

 

Feine Dinge Freitag: WhoLust, Wurst & Weh

La Wurst bezaubert das Publikum im Wiener Stadtsaal
La Wurst bezaubert das Publikum im Wiener Stadtsaal

Zugegebenermaßen, es war es war eine von den herausfordernderen Wochen. Mein unfreiwilliger Hausarrest drohte in den letzten Tagen in Lagerkoller umzuschlagen, und ich hatte Momente, in denen ich am liebsten die Wände hochgegangen wäre (was aber nicht ging, weil: verletzter Knöchel).

Gottseidank durfte ich dann rechtszeitig zum ersten Wiener Boylesque-Festival wieder aus dem Haus humpeln (zumindest halbwegs stilecht mit Netzstrümpfen unter der Schiene). Jaques Patriaque, gemeinsam mit Kitty Willenbruch von der Salon Kitty Revue eines der Urgesteine der Wiener Burlesquegemeinde (so man bei einer recht neuen Szene überhaupt von Urgesteinen sprechen kann), hat es geschafft, die Creme de la Creme der internationalen Boylesque-Tänzer nach Wien einfliegen zu lassen, dazu (für die opening party) jede Menge exzellent sich ihrer Hüllen entledigender Damen, und als Moderatorin für beide Events die unvergleichliche NY-er Burlesquelegende The World Famous *BOB*. Ich habe vor zweieinhalb Jahren in NYC nicht nur *BOB*s kleinen und feinen selflove-Workshop besucht, sondern auch immer wieder erlebt, wie sie als hostess with the mostest ein Haus zum Kochen bringen kann (zuletzt wieder bei der Burlesque-Revue nach der Body Love Conference in Tucson im April). Ich ahnte also, was auf mich zukam. Und wurde gottseidank nicht enttäuscht.

Fascinator-ierend (Shopping-Tipp: britisches ebay). Alle Fotos (c) Rhea Krcmarova
Fascinator-ierend (Shopping-Tipp: britisches ebay). Alle Fotos (c) Rhea Krcmarova

Am ersten Abend gab es noch mehr Damen als Herren, das Programm füllhornesk überquellend mit Auftritten von glamourös über komödiantisch bis wild, mit KünstlerInnen aus halb Europa und Nordamerika. Da gab es die fast schon in Richtung performance art gehende Rubyyy Jones, die an Dita erinnernde Dragqueen Tamara Mascara, meine liebe Freunin, Bayou Mystére, die Finninen Gigi Praline (die mich mit einer Santa-Lucia-trifft-Domina-Nummer sehr zum Lachen gebracht hat) und Pepper Sparkles (Mata Hari trifft Tribal Fusion Bauchtanz) und aus Polen Pin Up Candy und Jimmy Bottle (dessen „starker Mann im Zirkus“-Nummer ein wirklicher Genuss war) und viele mehr. Und es gab auch zwei üppige Burlesquerinas, nämlich Denise Kotlett (was für ein Name) und die Waliserin Didi Curv´e, die gemeinsam mit ihrer Bühnenpartnerin Honey Holiday eine fabelhafte Stan & Olli-Nummer hinlegte.

Am zweiten Abend waren nur Herren auf der Bühne (außer *BOB*, natürlich), und ich habe mich gefreut, dass die NYer Performer, die ich in Clubs in Manhattan oder Brooklyn gesehen habe, endlich auch in Wien auftreten – so zum Beispiel Luftballonverschlinger Albert Cadabra, der tatsächlich unglaublich hübsche Mr. Gorgeous, und natürlich der Godfather of Boylesque, Tigger!. Jaques hat so viele NY-er Künstler eingeladen, dass an dem Tag wohl im ganzen Big Apple kein einziger Boylesque-Tänzer zu finden war. Die Europäer konnten mit ihren Kollegen aus Übersee aber locker mithalten, und es war ein Burlesque-Abend auf wirklich, wirklich hohem Niveu.

Als Abschlussnummer an beiden Abenden durfte Jaques´Ehefrau auftreten. Oder, besser gesagt, das Publikum durfte sich über ihren Auftritt freuen, denn die werte Frau Gemahlin ist niemand anderer als die Queen of Europe und Miss Eurovision herself – tadaaaa: Conchita Wurst. Und, was soll ich sagen? Glamour, Gänsehaut und standing ovations, und absolut mit Recht. Jeder Kritiker sollte sie mal singen hören, damit ihm klar wird, dass sie den Wettbewerb tatäschlich vollkommen redlich ersungen hat. Conchitas Auftritt ließ jedenfalls keine Fragen offen (außer vielleicht, wie sich so viel Stimme in einer doch vergleichweise zierlichen Person verstecken kann).

An beiden Abenden gab es dann noch Afterpartys, am ersten einen inoffiziellen Umtrunk in einer Spelunke nahe der Neubaugasse, am zweiten Abend (mit noch mehr Burlesque und, ja, Bürolesque) im Chaya Fuera. Und falls das Festival wie angekündigt jetzt jährlich stattfindet, kann ich jedem nur raten, sich nächstes Jahr die Karten rechtzeitig zu besorgen.

Was mir diese Woche sonst noch Freude gemacht hat: endlich dazuzukommen, mir Doctor Who anzuschauen (bin mit Donnas erstem Auftritt eingestiegen, so zur Info für alle Whovians) / Kirschen, fast glühend in prallroter Wonne / WordPress-Weiterbildung / Schinkenfleckerlexperimente / wiedersehen mit einer alten Liebe (meinem weißen MacBook) / Ja! Roggenbrot (ein Klassiker) / LeserInnenfeedback für Buch und Blog / Maibockschnitzel im Restaurant Hansy

 

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Lieblingslinks – Intuitives essen, Mode & mehr

Bei intuitive eating kann man Kuchen essen, wenn man will … und Cupcakes …
Bei intuitive eating kann man Kuchen essen, wenn man will … und Cupcakes …

Im Frühling kann das Lesen von Zeitschriften (besonders von Frauenmagazinen, egal ob print oder online) einigermaßen mühsam sein – kaum ein Medium, das nicht fast schon gebetsmühlenartig die alten Diät,- und Selbstkasteiungs-Mantras wiederholt. Gott sei dank mehren sich die Stimmen der Vernunft, die die Mythen hinterfragen …

Gesunheit & Gesellschaft

NY Magazine-Artikel über intuitive eating – mit Prof. Linda Bacon, Heath at any Size-Expertin (englisch)

Be nourished – positives und engagiertes Blog zweier Ernährungsberaterinnen über Heath at Any Size und Selbstliebe (englisch)

Fett for Fun-Dossier im aktuellen Missy-Magazin (deutsch)

Cardboard Courage – ein Selbstliebe-Kunstprojekt von Jen von Plus Size Birth (englisch)

Mode

Kann Mode bei Größe 46 genauso gut aussehen wie bei 36? Und ob, sagten die Redakteurinnen der niederländischen Grazia, und lichteten zum Beweis eine zierliche und eine üppige Bloggerin ab (Deutscher Bericht auf gofeminin.de)

Etwas älterer, aber wirklich netter Cosmopolitan.de-Artikel über Plus-Bloggerinnen – ich würde mir nur wünschen, dass solche Artikel öfter zu lesen wären …

Sinnlichkeit & Liebe

Sind chubby chaser, also Bewunderer dicker Damen, eine seltsame Randgruppe? Journalist Joshua David räumt auf Jezebel mit Vorurteilen und Gerüchten auf (englisch).

Kann man als dicker Mensch fabelhaften Sex haben? Sicher, man muss nur wissen, wie (englisch).

 

Keiner sagt mir – ein Brief an Kathi und Melanie

Keiner hat mir zu sagen, wie ich seiner Meinung nach auszusehen habe. Sollte mich die Meinung wirklich interessieren, frage ich schon nach. (c) Rhea Krcmarova
Keiner hat mir zu sagen, wie ich seiner Meinung nach auszusehen habe. Sollte mich die Meinung wirklich interessieren, frage ich schon nach. (c) Rhea Krcmarova

WTF*-Moment Nummer eins: Ich gehe zur Geburtstagsparty einer Frau, die ich für eine gute Freundin halte. Besagte Freundin ist lieb wie immer, eine ältere, schlanke Partybesucherin benimmt sich mir gegenüber seltsam kühl. Ich nehme es ihr nicht übel, es muss mich ja nicht jeder mögen. Einige Monate bekomme ich eine Facebook-Konversation zwischen meiner Freudin und der älteren Frau zugespielt, in der es um jenen Abend geht. Die Ältere (übrigens eine Psychotherapeutin mit eigener Praxis) und meine „Freundin“ lästern über mich auf eine Art, wie ich es noch nie erlebt habe. Phrasen wie „dicke Dita“ und „eine Zeitbombe, sozial total unangepasst, narzisstisch-exhibitorisch“ fliegen hin und her (ich schriebe nur deshalb mit, weil ich gerade Material für meinen Roman sammle). Die Therapeutin ätzt: „Solche Weiber verletzen eben soziale Angeppastheit, das mag ich nicht. Wenn man so aussieht wie sie … ein starkes Stück, denn das ist ist schon auch nicht normen-konform, diese Ausmasse“. Meine Freundin antwortet: „Eine totale Selbstüberschätzung, und wie wird man so dick und denkt noch, dass das schön ist?“ Daraufhin die Ältere: „Sie posiert, ist künstlich wie eine lebende Installation, eine aktionistische Performance … als Frau geht es eher schon ins Genre Perversion.“ Mein „Vergehen“ an jenem Abend? Ein etwas burlesque-inspiriertes Styling (bei weitem nicht das auffälligste Outfit des Abends, übrigens) und ein kurzer, freundlicher Wortwechsel dem Freund der „Freundin“, den ich von der Kunstuni kenne.

Als ich die Freunschaft für beendet erkläre, stellt meine „Freundin“ sich als Opfer dar. Sie könne ja gar nichts für ihre Bosheiten, sagt sie, meine Figur hätte einfach etwas in ihr „getriggert“, und alles sei deshalb nur meine Schuld. (*WTF – Abkürzung für what the f**k, in etwa: was zum Teufel soll das?)

WTF-Moment Nummer zwei: Ich gehe die Ubahnpassage am Praterstern entlang, in Richtung Treppe, als sich eine Frau mittleren Alters vor mir aufpflanzt, und mich mit durch die Unterführung hallender Stimme fragt, ob ich nicht finde, dass mein (knielanger) Rock nicht viel zu kurz sei für meine fetten Beine. Als ich mich umdrehe, um wortlos auf den vormittäglichen Bahnhofsvorplatz hinaufzugehen, bemerke ich den Biergeruch, der sich mit ihrem Atem vermischt …

WTF-Moment Nummer drei: Ich stehe am Straßenrand Ecke Mollardgasse und Esterhazygasse, warte brav, bis die Fußgängerampel zu grün überwechselt. Ein Auto mit einer älteren Lenkerin fährt vorbei, sie verlangsamt, gestikuliert. Ich brauche einige Momente, um zu verstehen, dass mir die Amateurpantomimin klarmachen will, dass sie mein Outfit unmöglich findet …

WTF-Moment Nummer vier: Ich (Mitte 20) gehe zu einer Housewarmingparty, und beschließe, mich nicht wie üblich hinter einem meiner schwarzen Rollis und langen dunklen Röcke zu verstecken, sondern mich auffälliger anzuziehen. Mehrere Mädels sprechen mich im Laufe des Abends auf meinen Look an, und immer wieder fällt das Wort „mutig“. Ich weiß, dass sie es nett meinen, aber ich beginne mich zu fragen, warum man mich mutig nennt, wenn ich mir einfach etwas anziehe, was mir gefällt …

Speak no evil …
Speak no evil …

An sich soll dieses Blog eine positive Platform sein, für uns Plus-Size-Frauen (und natürlich auch für unsere schlankeren Schwestern, die neue Inputs und Inspirationen suchen und über runde Powerfrauen lesen wollen). Als mich Kathi und Melanie, Journalistinnen und Bloggerinnen („Du hast Post“) gefragt haben, ob ich einen Beitrag zum Thema „Keiner sagt mir, dass …“ schreiben will, habe ich beschlossen, daus meinem Modus auszubrechen. Habe begonnen, mir Gedanken zu machen. Über Momente wie die oberen, über Situationen, wo andere Leute sich ungefragt in mein Leben einmischen wollten, über Schönheitsnormen und die Mainstream-Meinung und über ungebetene Kommentare. Sicher, je stärker mein Selbstbewusstsein nach außen strahlt, desto weniger blöde Bemerkungen macht man mir ins Gesicht (ich bin in der Regel süß und entzückend, aber als Autorin habe ich eine gut geschärfte Zunge, und das spüren die Kommentierer wohl instinktiv). Ganz komme ich den Anmerkungen und Anfeindungen aber nicht aus. Ich bekomme sie dann hintenrum zu hören, als Kommentar von dritten. Ich finde sie in Medien, wo man mir in jeder einzelnen Ausgabe erklärt, dass mein Aussehen falsch ist. In Geschäften, die entweder gar keine Mode in meiner Größe führen, oder wo die Plus-Mode signifikant anders aussieht als die normalen Größen, so, als wolle keine Frau ab Größe 44 keine Pailetten oder Spitze oder feminine Schnitte (nein, liebe Designer, der Geschmack hängt nicht mit dem Gewicht zusammen). In Modekatalogen und -Zeitschriften, wo die TexterInnen immer noch mit Worten wie Problemzonen und kaschieren um sich werfen. (WTF? Der Nahe Osten ist eine Problemzone, oder Fukushima, oder meinetwegen die Krim, aber sicher nicht mein Hintern oder andere Körperteile. Ist auf meinen Oberschenklen schon mal jemand bei einem Autobombenanschlag ums Leben gekommen? Nein? Ergo: Keine Problemzone).

Traurige Tatsache: wir leben in einer Kommentierkultur, sei es privat oder im Internet, im Freundeskreis oder in den Medien. Fast alle müssen sich irgendwann anhöre, dass sie etwas falsch machen. Dass sie die falsche Figur haben, die falschen Labels tragen, die falsche Musik hören, das falsche Essen kaufen und so weiter. Besonders ärgerlich: die Kommentierer machen sich in der Regel nicht einmal die Mühe, rauszufinden, was wirklich los ist. Sie sehen, sie urteilen, sie lassen ihre Meinung ab.

Think no evil …
Think no evil …

Die Frage ist, warum viele Menschen den Drang verspüren, das Aussehen und die Gestalt und überhaupt das Leben anderer kommentieren und kritisieren zu wollen, vor allem, wenn es keine direkten Auswirklungen auf ihr eigenes Leben hat. Warum zur Hölle fühlen sich Menschen bemüßigt, in jeder einzelnen Situation ihre Senftube rauszuholen? Ist es die Angst vor allem, was anders ist, aus der Norm fällt? Arroganz und Gedankenlosigkeit? Der Irrglaube, dass man Menschen durch Beschämen und Mobbing zur dauerhafter Verhaltensänderung bringen kann? Der Wunsch, sich überlegen zu fühlen? Sicher, wir leben in einem Land mit Meinungsfreiheit, aber heißt das wirklich, dass man jedem Menschen sagen muss, was man von ihm hält, ohne sich auch nur einen Moment Gedanken zu machen, ob die Meinung das Gegenüber auch nur ansatzweise interessiert?

Das Problem an der ständigen Kommentiererei und Urteilerei ist nicht nur, dass sie entsetzlich unhöflich sind.S ie erschaffen auch ein Klima der Angst. Ein Klima, dass es Menschen schwer macht, auszuleben, wer sie wirklich sind, und sie in die Angepasstheit drängt. Ein Klima, das schadet. Und nicht nur uns dicken Mädels. Es trifft auch die dünnen, die sich als Bohnenstange titulieren lassen müssen, und Angst haben, dass ihre Beine in einem kurzen Rock als zu knochig bezeichnet werden. Es trifft die älteren, die glauben, dass Mode, die ihnen eigentlich gefallen würde, für sie Tabu ist.

Vor ein paar Jahren habe ich auf einem Ostermarkt wunderbar kitschigen Strassschmuck bewundert, als eine alte Dame neben mir zu stehen gekommen ist. Sie hat mit leuchtenden Augen ein Armband hochgehoben und es ausprobiert. Ich habe ihr gesagt, wie hübsch das Schmuckstück ist und wie gut es ihr steht. Die alte Dame hat schnell das Armband abgestreift, gemurmelt, dass sie schon viel zu alt für „sowas“ sei, und ist gegangen – man hat richtig gesehen, wie das Strahlen, dass das bunte Schmuckstück in ihr Gesicht gezaubert hat, erloschen ist. Mir tut es bis heute leid, dass ich damals zu wenig Geld mithatte – ich hätte es sonst gekauft, wäre ihr nachgelaufen und hätte es ihr geschenkt, auch auf die Gefahr hin, dass es in irgendeiner Schublade verschwindet. Wobei, vielleicht hätte sie es getragen. Hätte Freude daran gehabt. Hätte ihrem Umfeld gezeigt: ich trage, was mir gefällt, egal, was ihr denkt.

Und hätte andere damit angesteckt, und ein weiteres Zeichen gesetzt, gegen Genörgel und Urteilen und die ständige, sinnlose Kommentiererei.

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Feine Dinge-Freitag: die Beautiful Misery Edition

Geht nicht. Gips nicht. Stilliegen und Stillleben mit Aircast-Schiene und tümpelgrünem Nagellack.
Geht nicht. Gips nicht. Stilliegen und Stillleben mit Aircast-Schiene und tümpelgrünem Nagellack.

Zugegeben, diese Woche war in Sachen Glück und Dankbarkeit ein bissi eine Herausforderung – ich habe es am Wochenende geschafft, mir im unausgeschlafenen Zustand bei einem Radunfall die Bänder im rechten Knöchel einzureißen, und verbringe im Moment die meiste Zeit am Sofa, das Bein immer schön hochgelagert. Das Gute ist aber, dass ich im Wahrnehmen von Alltagsglück schon so geübt bin, dass es mir besser geht, als die Umstände es vermuten lassen würden …

Diese Woche hat mich erfreut: Bloggerinnen-Tratsch mit Bobby von Garments & Statements / dass mein Knöchel ist immer weniger geschwollen ist / kleine Siege in HTML / dass ich Zeit habe, um neue Blogposts zu planen und Neues in Sachen Selbstliebe und Plus-Lebensstil zu entdecken / Umberto Ecos Die Kunst des Bücherliebens zu lesen / endlich Zeit zu haben, mir die Aufnahmen der Health at Any Size-Masterclass anzuhören, die ich mir vor einem Jahr gekauft habe / meine Zähne in die ersten Marillen der Saison zu versenken, bis das Aroma in meinem Mund explodiert / in der Notaufnahme des Böhlerspitals auf kompetente und gründliche Ärzte gestoßen zu sein / unerwartet ein Säckchen mit omanischem Weihrauch geschenkt zu bekommen / virtuelle Aufmunterung von FreundInnen / neue Fotos vom vielleicht entzückendsten Babyneffen aller Zeiten zu sehen / Heidelbeeren, Heidelbeeren, immer wieder Heidelbeeren …

Weihrauch: nicht nur in den Krippen Bethlehems ein nettes Mitbringsel …
Weihrauch: nicht nur in den Krippen Bethlehems ein nettes Mitbringsel …

 

Plus-Mode: So findet man die richtige Größe

(c) SWAK Design
Screenshot aus dem Video

Wir alle, die nach neuen Inhalten für unseren Kleiderschrank hauptsächlich im Internet jagen, kennen das Problem: Auf Anhieb die richtige Größe und Passform zu finden, kann eine richtige Herausforderung sein. Nicht nur, dass die meisten Plus-Models zwar wunderhübsch, aber im besten Falle Inbetweenies sind, und man zu oft nur raten kann, wie denn das Kleidchen oder Top jetzt bei einer Größe 50/52 ausschaut. Dazu kommt, dass sich die Größenangaben von Hersteller zu Hersteller und von Teil zu Teil ziemlich unterscheiden, und eine 2XL bei einer Junior Plus-Linie wie Forever 21+ wesentlich kleiner geraten kann als bei einem Designer für „normale“ Plusgrößen. Will man also auf Nummer sicher gehen, muss man seine Maße kennen, und sich zumindest alle paar Monate neu vermessen. Aber wohin genau jetzt mit dem Zentimeterband?

Das Team des US-Modeverands SWAK-Design haben sich mit Moderatorin Marcy Guevara zusammengetan und ein kleines Video zu genau diesem Thema gedreht. Man braucht zum Messen eigentlich nur einen großen Spiegel oder/und eine hilfreiche Freundin, Bleistift, Papier und ein Maßband – und schon kann es losgehen.

Um die Größenangaben der meisten Firmen entschlüsseln zu können, muss man sich meist an vier Stellen messen: Brust, Taille, Hüften und (manchmal) dort, wo der Arm in die Schulter übergeht.

BRUST: Man misst die breiteste Stelle der Brust. Marci rät, das Maßband ganz gerade zu halten, und darauf zu schauen, dass es parallel zum Boden verläuft, und zwar besonders über den Rücken (siehe Video).

TAILLE: Die Taille ist der schmalste Teil des Torsos. Wenn man sie finden will, kann man sich leicht zur Seite neigen (siehe Video) – meist ist sie direkt über dem Nabel.

HÜFTEN: Hier geht es darum, den breitesten Teil von Po und Hüften zu finden.

ARMLOCH: Seine Maße an dieser Stelle zu kennen, kann manchmal wirklich hilfreich sein, sagt Fashion-Expertin Marci Guevara – vor allem bei Tops, die nicht sehr viel Stretchanteil haben. Man misst die Stelle, wo die Armöffnung des Oberteils sein würde, also den Durchmesser.

Damit man wirklich die richtige Größe erwischt, rät Marci, sich nicht nur die allgemeinen Größenangaben der Onlineshops durchzulesen, sondern auch zu schauen, ob bei den einzelnen Kleidungsstücken separate Maße angegeben sind.

Noch zwei Tipps aus meiner eigener Erfahrung: Für Bestellungen in Ländern, in denen man in Zoll misst, einfach bei Google „x cm in inches“ eingeben, und die Suchmaschine rechnet in Sekundenbruchteilen um. Bestellt man viel, kann man über die Anschaffung eines zweiseitigen Maßbands mit Zoll- und Zentimeterangaben nachdenken, die es in gut sortierten Nähgeschäften und natürlich auch online gibt.

Wenn man sich nicht sicher ist oder genau zwischen zwei Größen liegt, lieber die größere Größe bestellen – das Teil für eine kleine Änderung zur Schneiderin zu tragen, kann oft billiger sein als der Rückversand.

PS: SWAK ist die Abkürzung für sealed with a kiss, also mit einem Kuss versiegelt, und sie verschicken ihre Mode auch nach Österreich (mehr darüber demnächst).