Fashionprofi: Suzie Gundlach, Redakteurin und Bloggerin
susie knows … war eines der ersten deutschsprachigen Plus-Size-Fashionblogs, das ich für mich entdeckt habe. Was es in meinen Augen besonders macht, ist, dass es eher wie ein Onlinemagazin aufgemacht ist, nicht wie ein „klassisches“ Fashionblog. Kein Wunder: Susanne „Susie“ Gundlach ist nicht nur selbst eine Plus-Size-Frau, sondern ein Vollprofi in Sachen Modejournalismus. Schließlich ist sie seit fünfundzwanzig Jahren Moderedakteurin bzw. leitende Redakteurin bei verschiedenen großen deutschen Frauenzeitschriften, unter anderem myself und bei Brigitte. Ihr Motto: „Schluss mit dem Frust! Es gibt eine modische Welt da draußen, auch jenseits von Jeans und Pullis – und selbstverständlich auch in großen Größen! SUSIE KNOWS… kennt den Zugang zu dieser Modewelt.“ VIE: Was hat Sie dazu motiviert, unter die Bloggerinnen zu gehen?
Susie: Die traurige Tatsache, dass das Thema Plus-Size sowohl in der Modeindustrie als auch bei Zeitschriften sträflich vernachlässigt wird. Es wird ignoriert, und das hat mich geärgert. Es wird einfach nicht genug getan. Und da ich selbst eine Plus-Size Frau bin, weiß ich, was zu tun ist.
Gibt es so etwas wie Plus-Size Lifestyle?
Ich weiß nicht, ob es einen Plus-Size Lifestyle gibt. Ich bewege mich in einer normalen Welt, habe keinen anderen Lebensstil als andere auch, ich bin aber Plus-Size. Ich befürworte und setze mich ein, dass Plus-Size Frauen selbstbewusst sind, sich schick und modern anziehen, aber das kann man eigentlich nicht als Lifestyle bezeichnen.
In Sachen Mode hat sich in den letzten Jahren ja etwas getan …
Plus-Size wird inzwischen mehr wahrgenommen, das freut mich, und dafür setze ich mich mit meinem Blog ein. Was bisher aber geschehen ist, sind mikro-kleine Schritte. In der Mode ist Plus-Size immer noch zweite Klasse. Da muss man sich nur die Läden in jeder beliebigen Stadt ansehen. Plus-Size ist völlig unterrepräsentiert. Um mehr Angebot zu haben, müssen Plus-Size Frauen auf das Internet ausweichen. Online ist für sie die Rettung.
Strass meets schwarz: Susie bei der Cuvy is sexy Messe in Berlin, Juli 2014
Wie sehen Sie die kommende Entwicklung?
Es geht langsam voran. Ich will mit meinem Blog dazu beitragen, dass die Entwicklung Fahrt aufnimmt. Ich möchte, dass Plus-Size Frauen mit mehr Toleranz begegnet wird, dass mehr Modefirmen verstehen, dass es einen Markt für Plus-Size gibt und sich diesem vernachlässigten Segment widmen. Außerdem plädiere ich dafür, dass die klassische Konfektion nicht wie bisher bei Größe 42 endet, sondern bei Größe 48. Dadurch wäre schon vielen Frauen geholfen.
Was ist der Unterschied zwischen Deutschland und dem englischsprachigen Raum?
Die Deutschen sind generell weniger modemutig oder experimentierfreudig als die Engländer. In Amerika besteht ein Großteil der Plus-Size Mode aus Sweatshirts und Hosen, nach dem Motto: es soll bequem sein. Die Engländer sind modischer. So gibt es in Deutschland für Plus-Size überwiegend sportliche Mode, in England gibt es auch in großen Größen viel mehr elegante Mode und Abendkleider.
Ihre Gedanken zum Thema Plus-Size Models …
Das ist ein Thema, das mich sehr beschäftigt und dem ich mich auf meinem Blog immer wieder widme. Die ganz alte Denkschule lautet so: Dicke Frauen wollen keine dicken Frauen sehen. Deshalb wird Plus-Size Mode an Models mit Größe 38/40 photographiert. Für susie knows…, den Plus-Size Blog, arbeite ich mit Models, die Größe 44/46 haben, bei denen man deutlich sieht, dass sie Plus-Size sind. Selbst das finden manche Leserinnen aber noch zu dünn.
Gibt es spezielle Style-Regeln für Plus-Frauen?
Style-Regeln sind für jeden relevant. Plus-Size Frauen mangelt es oft an Selbstbewusstsein. Da hilft es, zu wissen, dass man gut angezogen ist, wie man geschickt kaschieren kann, was einem steht, usw. Denn so angezogen fühlt man sich besser und selbstbewusster. Regeln zu brechen, kann kontraproduktiv sein, wenn es zu eng, zu klein, zu bunt wird.
Susie und Rhea in Berlin (c) Rhea Krcmarova
Was sind Ihre Lieblingsdesigner?
Alle die, die ich in meinem Blog zeige. Ich persönlich trage besonders gern Boden und Anna Scholz.
Wo suchen und finden Sie die Inspiration für Ihre Arbeit und Ihren Stil?
Mode generell inspiriert mich. Ich sehe mir Modenschauen an, lese die wichtigen Zeitschriften auch immer unter dem Aspekt, was ich davon für Plus-Size verwenden kann. Quellen der Inspiration sind aber natürlich auch Bereiche außerhalb der Modewelt, wie Ausstellungen oder manchmal Fernsehsendungen.
Was ist Ihr Lieblingswort, um Ihren Körper zu beschreiben?
Ich mag das Wort „Plus-Size“ am liebsten, denn es ist nicht abwertend, sondern suggeriert einfach, dass wir ein bisschen mehr haben, ohne jede Wertung.
Kooperationen großere Modefirmen mit Star-DesignerInnen sind bei kleineren Größen schon länger en vogue, man denke an H&M, wo von Lagerfeld abwärts diverse Modeschöpfer eine exklusive Kollektion zu Einkaufsstraßenpreisen erschaffen haben. Leider beschränken sich die Modelle auf zierlichere Frauen, und wir üppigeren müssen (wie schon so oft) auf die Accessoires beschränken (wobei meine Strassohrringe von Anna dello Russo schon sehr spektakulär sind).
Langsam beginnen aber auch die Hersteller von Plus-Mode, nahmhaften Couturiers und Couturiéres zur Zusammenarbeit einzuladen. Die US-Firma Lane Bryant z.B. hat sich dieses Frühjahr Isabel Toledo als Gast-Designerin ins Haus geholt, jetzt zieht die deutsche Firma Sheego nach, und kooperiert mit Anna Scholz. Die Deutsche ist in Modekreisen keine Unbekannte, schließlich hat sie ihr eigenes High-End-Modelabel für große Größen, und hat die Modeklasse des renommierten St. Martin´s College in London besucht, wo auch Stella McCartney und Alexander McQueen ihr Handwerk verfeinerten.
Für Sheego stellte die statueske Scholz eine Kollektion zusammen, die im Rahmen der Curvy is sexy-Messe beim Sheego-Fashionevent präsentiert wurde. Der erste Teil der von Frauke Ludowig moderierten Fashion-Show galt den Höhepunkten der regulären Sheego-Kollektion, im zweiten Teil zeigten die Mannequins (u.a. Plus-Model Hailey Hasselhoff) die exklusiven Modelle von Scholz.
Die Entwürfe der in London lebenden Designerin (von der übrigens zwei meiner Lieblingsröcke stammen) sind sehr weiblich, teils schwarz, teils in eher kräftigen Farben gehaten. Die Muster sind zwar durchaus intensiv, durch die kluge Kombination von Farben und Formen läuft Scholz aber nie Gefahr, den üblichen, im Bereich Plus-Mode allzuoft vertretenen Farb- und Musterkombinationen auch nur nahezu kommen, die aussehen, als wäre ein Güterzug mit abstarkter Kunst in einem Glashaus voller Tropenpflanzen entgleist.
Die Kleider (zwischen 89,99 und 149 €), von denen es manche Modelle sowohl uni oder gemustert gibt, sind fließend, feminin, tailliert und erinnert teilweise an die Eleganz von Bondgirls der späten 60-er oder frühen 70-er. Auch Tuniken finden sich in der Kollektion, teilweise elegant schwarz, teilweise mit Mustern und schönen Paillettenstickereien (ab 69,99). Modemutige können es mit einem schwarzen Jumpsuit versuchen (129€).
Bei Sheego selbst kann man die Mode bis jetzt nur von Deutschland aus bestellen. Laut des Sheego-Teams können sich Fashionistas aus Österreich in Sachen Bestellung aber an die Firma Unito wenden … Habe ich noch nicht probiert, aber ein oder zwei Anna Scholz-Teile wären den Versuch wert …
Anna Scholz und „ihre“ Models – das schwarze Kleid würde mir sicher auch stehen …
Ein Wickelkleid – diese Version des kleinen Schwarzen steht so ziemlich jeder Frau …
Was für zwei intensive Wochen voller großer und kleiner Freuden …
Kurvige Powerfrauen galore / Bestes Eis von Berlin auf der Curvy-Messe, spendiert von Zizzi / Abends am Spreeufer sitzen / Babyneffen wieder sehen / Spitzenröcke von H&M / Schnäppchen bei TK Maxx / Böhmische Liebslingsspeisen (svícková alias Lendenbraten, kolácky mit Powidl und Topfen) / Gooddiesbags /erste Recherchen, erfolgreich / neues Badekleid, himbeerrosa mt blauen Pünktchen (ganz entzückend) / am Badeschiff das Becken fast ganz für mich alleine zu haben / Mini-Guglhupf im Quadro am Margaretensplatz/ Buchläden mit kompetenten Verkäuferinnen / Sommerdelikatessen: Lachsbaguette, Kirschen, Eistee und Bio-Kaiserschoten / Ausstellung von Tim Burtons Zeichnungen und Skizzen im gotischen Haus am Altstädter Ring / auf der Messe ein Kleid geschenkt bekommen / Wohnen über den Dächern von Prag / grüner Glitzernagellack von P2 / Schmetterlingsring, Schwarz
Bei der Curvy is sexy-Messe Fotos (c) Rhea KrcmarovaEis von Eiskimo, Berlin (Schoko und Waldbeer …)
Während die Berliner und internationalen Modeenthusiasten mit den kleineren Kleidergrößen zwischen den Events der Berliner Fashion Week herumschwirrten, fanden sich kurvige Fashionistas – AusstellerInnen, EinkäuferInnen, Bloggerinnen, Fachpresse und mehr – in einem Palazzo an der Nobeladresse Unter den Linden ein, zur dritten Curvy is Sexy Modemesse. Dass kurvig inzwischen immer mehr in Mode kommt, merkte man daran, dass den BesucherInnen einiges geboten wurde: Über 60 internationale Aussteller, mehrere Modeschauen pro Tag, eine wirklich schöne Location, und als Schlagobershäubchen noch ein abendliches Fashion-Event von Sheego und Star-Designerin Anna Scholz, moderiert von der deutschen TV-Veteranin Frauke Ludowig.
(c) Rhea Krcmarova
Die Label, die auf der Messe verteten waren, kamen aus ganz Europa, und sogart eine Firma aus Hongkong präsentierte ihre Designs: Ophee Designs mit ihrer neuen Plus-Linie More than little. Neben den im große Größen-Sektor starken Skandinaviern wie Zizzi und Junarose gab es Firmen aus Italien, Griechenland, Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und mehr. Deutschland war unter anderem mit Triangle by S.Oliver, Ulla Popken, Sallie Sahne und Sheego vertreten.
Zwischen die Modehäuser mischte sich auch eine Stumpfhosen-Firma; und auch drei Schuhhersteller (Jana, JJ Footwear) fanden ihren Weg nach Berlin-Mitte, weil sie klug genug waren, zu erkennen, dass mollige Frauen häufig eine halbe Ewigkeit nach den richtigen Schuhen zu ihrem Outfit suchen. Gerade in Sachen Stiefel herrscht im Plus-Land oft modische Dürre, weil Standard-Stiefel zu schmal geschnitten sind für üppigere Waden.
Die Messe war in erster Linie für die EinkäuferInnen von Boutiquen und Modehäusern gedacht, aber ich traf auch auf ziemlich viele Bloggerinnen und Plus-Size-Aktivistinnen, und freute mich, die Frauen, deren Arbeit ich nur über das Internet kannte, auch in Person zu treffen. Allen voran Tanja Marfo von Kurvenrausch Hamburg, die ich ja vor einigen Monaten für Venus in echt interviewen konnte, und mit der ich seitdem via Mail und Skype in Kontakt war. Tanja ist eine wirklich eindrucksvolle Frau, nicht nur wegen ihrer imposanten Figur und ihrer prachtvollen Kurven …
Kurvenpower: Bloggerin Curvy Claudia und Stylistin Maria aus Berlin
Kurvenrausch indeed: Tanja Marfo
Aber auch sonst tummelten sich auf der Messe fast alle, die sich im Deutschland in Sachen Plus Size einen Namen gemacht haben. Ich lernte Susie von Susie knows kennen, Ulrike Bartoz, die Crew des Big is Beautiful Magazins, Plus Model Christin, Stylistin Maria (spektakuläres Korsett!) Barbara von Beautiful Curvy und viele andere mehr. Aus Österreich kamen Curvy Claudia, Gaby Wally von stor> und Sabine von Lady2. (Ich habe an diesen drei Tagen so viele Bloggerinnen, Models und Powerfrauen getroffen, dass die Liste in ihrer Länge fast einem Personenverzeichnis von Game of Thrones gleicht …)
Plus-Frauen bloggen nicht nur über Mode: Twinkler von Twinkler´s Treasures ist Nailstyling-Enthusiastin
Die Mode, die präsentiert wurde, fand ich … durchwachsen. Einerseits war eine handvoll junger, stylischer Label verteten, und ich fand auch bei den meisten anderen Herstellern zumindest ein Teil, bei dem ich mir absolut vorstellen kann, dass es seinen Weg in meinen Kleiderschrank findet (bei manchen sogar mehrere, Bericht folgt). Ich sah romantische Spitzentops, wunderschöne Kunstlederjacken, interessante Röcke, schön geschnittene Kleider, fantastisch geschnittene Stiefel und mehr, und fand es schön, zu wissen, dass ich in alle Teile, die auf der Messe gezeigt werden, passe.
Ein überraschend großer Teil der gezeigten Kleidung war aber doch vergleichsweise konservativ/sportlich, und das wundert mich. Sowohl Fashionbloggerinnen als auch immer mehr (vor allem britische, amerikanische und teils auch französische) Firmen präsentieren inzwischen Plus-Mode, die jung, feminin und innovativ ist, und sich im Stil von den kleinen Größen nicht wirklich unterscheidet. Im deutschsprachigen Raum scheint der Trend aber erst sehr zögerlich anzukommen. Junge, stylishe Label gab es auf der Mese natürlich auch, sie waren meiner Meinung nach aber in der Unterzahl. Auf den Kleiderständern versteckten sich die femininen Teile zwischen vielen, vielen madamigen Stücken, die Schnitte waren zu oft kaschierend und zu wenig Kurven betonend. Auf Spitze, Pailetten, Stickereien und andere hübsche Details wurde viel zu oft verzichtet, und zwar zugunsten von wilden Muster- und Farbkombinationen, die mich an eine Atombombenexplosion im Teletubby-Land auf LSD erinnerten. (Ja, ich weiß, das ist eine gewagte Formulierung, aber im Ernst: trägt so etwas jemand unter 60 wirklich noch? Ich kenne keine dicke Frau, die sich so etwas anzieht, und schlanke schon gar nicht. Warum glauben manche Hersteller immer noch, dass sich mit dem Gewicht auch der modische Geschmack ändert? Wenn man solche Sachen bei einer Fashion-Show für kleinere Größen präsentiert, jagt einen ein mit Textilscheren und Proseccogläsern bewaffneter Mode-Mob raus, und zwar zu Recht). Vielleicht wäre es eine Idee, zwischen Mode für verschiedenen Altersgruppen zu unterscheiden …
Gooddies bags: Neopren-Shopper von Zizzi, Filztasche von Junarose, und Rebel to-Diva-Stoffbeutel von S.Oliver
Andere Bloggerinnen, mit denen ich sprach, teilen meine Meinung in Sachen Mode durchaus. Worüber wir uns auch einig waren: es wäre schön, wenn mehr richtige Plus-Models auf dem Laufsteg zu sehen gewesen wären. Viele Mannequins schienen mit Mühe und Not auf Größe 42 zu kommen, und trotz strategisch platzierter Windmaschine war deutlich zu sehen, dass ihnen die Kleider, die sie präsentierten, eigentlich zu groß waren. Ich frage mich, warum Models, die wirklich Plus-Size sind, auf mitteleuropäischen Laufstegen immer noch ein Tabu sind, und warum man sich bei einer Plus-Messe schon freuen muss, wenn zwei der Damen auf Größe 46 kommen. Warum nicht auch ein paar Mädels in 48 oder (gasp!) 52 auf den Laufsteg schicken? Warum engagiert man Models, bei denen sowohl die Einkäuferinnen als auch die Bloggerinnen Mühe haben, sich vorzustellen, wie die Mode an einem selbst aussehen? Würde das einen Image-Verlust bedeuten, und ist da etwas wahres dran, dass dicke Frauen keine dicken Models sehen wollen? Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass in Zukunft die Diversität über den Laufsteg stöckelt, wie es zB schon auf der Pulp Fashion Messe in Paris der Fall ist. Zumindest gab es bei einigen Firmen üppige Kleiderpuppen, an denen die Outfits sehr realistisch aussahen. Bitte mehr davon in den nächsten Jahren.
Geht doch: Plus Size Kleiderpuppen von Zizzi
Curvy is sexy – zu sexy, offenbar, für manche anwesende Damen … (c) Rhea Krcmarova
Ein wirklicher Wermutstropfen zum Schluss: Ja, das Publikum auf der Messe war in Sachen Figur ziemlich divers, und das ist an sich kein Problem. Einige der nettesten und kompetentesten PR-Damen, Designerinnen und Einkäuferinnen, mit denen ich sprach, waren schließlich sehr schlank.
Leider ist die Botschaft von wegen Kurvenliebe aber noch nicht bei allen schlanken Damen durchgedrungen, und es gab auch Momente, wo man sich fragte, warum einige der Beteiligten überhaupt bei einer Messe für Plus-Mode mitmachten. So beschrieb eine Dame aus dem Organisationsteam in der Cafeteria eine Ausstellerin mit einem sehr unhübschen und dickenfeindlichen Ausdruck, und zwar so, dass es die Bloggerinnen am Nebentisch nicht überhören konnten. Eine andere Dame, die für eine Modefirma arbeitet, lästerte am Abend der Modeschau vor ihren Kolleginen minutenlang über mein Dekolletee, beschrieb es als „unmöglich“ und vulgär“, und das in Hörweite einer meiner Freundinnen. Ja, mein Ausschnitt war etwas gewagt. Na, und? Mir hat es gefallen, und anderen auch. Außerdem heißt die Messe „curvy is sexy“. Wenn man ein Problem damit hat, dass kurvige Frauen sich sexy fühlen und präsentieren, hat man das Konzept nicht verstanden, sollte beim nächsten Mal daheim bleiben, und den Platz denen überlassen, die mit vollem Herzen dabei sind. Davon gibt es ja inzwischen immer mehr …
Bloggerinnen und andere Fashionistas, vereint durch Kurvenkraft: Foto (c) Tanja Marfo, Kurvenrausch Hamburg
Drei Tage im Rausch der Mode. Wunderschöne Kurvenfrauen. Berliner Edellocation. Neue Freundinnen und Bekannte. Mode von entzückend über interessant bis eher meeeh. Modeschauen, Goodie Bags und das wohl beste Eis, das Berlin zu bieten hat. Mehr in Kürze …
Dieses Mal aus Zeitgründen eine zwei-Wochen-Zusammenfassung aller kleiner und großer Wunderbarkeiten …
Im Stadtpark sitzen und mit Fotoapps spielen / Feedback, filosofisch / Regenbogenenden, sichtbar über dem Prater / Einführung ins HappyLab (ich bin in Versuchung, sehr in Versuchung) / neues Batik-Lieblingskleidchen in Himbeerrosa / Vernissagen an verborgenen Orten (Innenstadt-Dachgallerie und alter Kaminsaal im Fünften) / wunderbare Sommerfeier im alten Innenhof der Lobmeyer´schen Werkstätten, mit Burlesque vom Salon Kitty-Team, Grillköstlichkeiten und Modeschau von „Vintage und Rosenroth „/ Kunsthandwerkbrunch in der neuen Galerie Dankwart, einen entzückenden keinen Kunstraum hinter der Stadthalle / Wiedersehen mit einem Liebelingsmenschen, die es nach NY verschlagen hat – die Treffen mit ihr fühlen sich immer an, als hätten wir uns erst vor ein paar Tagen gesehen / Girl-Geek-Gespräche, unerwartet / iced Matcha mit Sojamilch (hipstig, aber gut) / die Schiene am Knöchel gegen eine Achterschleife tauschen / Im Künstlerbedarfsladen nach dem perfekten Skizzenblock suchen, neue Materalien entdecken und mich von der Auswahl an Farben überwältigen lassen/ Reisevorfreude
Burlesque, Sommerhimmel, Ferdinandisaal und Regenbogen …
Das Wetter verlockt im Moment ja nur bedingt zu Außenaktivitäten. Warum nicht also mit einer Tasse Tee und dem Laptop aufs Sofa, nun, kuscheln, und ein paar interessante Texte zum Thema Selbstliebe und Körperbilder und Diätmythen und mehr lesen …
Brüste! Wir Damen haben sie alle, in verschiedenen Größen und Formen. Nur, dass man die ganze Bandbreite der weiblichen Oberweite sehr selten zu Gesicht bekommt, schon gar nicht entsexualisiert. Die MacherInnen der Normal Breast Galery zeigen Brüste, so, wie sie sind – klein, groß, hell, dunkel, straff, weich … (engl.)
Mein Girlcrush für The World Famous *BOB* begann, als ich vor ein paar Jahren Jo Weldons Burlesque-Handbuch las und über *BOB*s Namen stolperte. Dass hinter dem einzigartigen Namen auch eine entsprechend fabelhafte Person steckte, merkte ich bei meiner Reise nach New York im Herbst 2011, wo ich die 1,80 große Blondine als kokett-freche Gastgeberin in Burlesque-Clubs und als Coach bei ihrem Ultimate Self Confidence Workshop erleben konnte. Bei der Body Love Conference im April erzählte *BOB* mir dann von einem geplanten Wien-Trip zu Boylesque-Festival und Lifeball, und schlug mir vor, ihr ein wenig mein Grätzel zu zeigen – wie konnte ich da nein sagen? *BOB* und ich machten vor drei Wochen also den Naschmarktflohmarkt unsicher, und sie erzählte sie mir bei Nachos und Salat im Orient Occident über ihren ganz eigenen Weg zu sich selbst, über ihre Vorbilder und den World Famous Lifestyle.
VIE: Hi *BOB*. Schön, dass Du in Wien bist.
*BOB*: Hi, es ist schön, dich und deine Leserinnen zu treffen. Mein Name ist World Famous *BOB*, und das ist auch mein Job. Das ist übrigens zu 100% mein Name, ich habe ihn mir rechtlich ändern lassen. Wenn ich nicht auf der Bühne bin, bin ich einfach nur BOB, und auf der Bühne bin ich World Famous (weltberühmt). Ich bin ein Burlesquestar, Gastgeberin von Burlesque-Shows und ich coache Menschen im Bereich ultimatives Selbstvertrauen.
Du bist so glamourös. Wie hast Du deinen Stil gefunden?
Als ich jung war, stand ich sehr auf New Wave. Siouxie and the Banshees, Boy George, Nina Hagen, The Cure und so weiter – so habe ich sehr viel Übung in Sachen Make-Up bekommen. Als Teenager habe ich jeden Tag zwei Stunden mit dem Schminken verbracht, und das war eine sehr gute Vorbereitung auf das Showbusiness. Mein Stil ist eine Mischung aus Jayne Mansfield, Divine, Dolly Parton und Marilyn Monore. Ich bin sehr inspiriert von Geschöpfen, die over the top (überdrüber) feminin sind.
Du hast eine sehr spannende und ungewöhnliche Reise in Sachen Selbstliebe hinter dir …
Das ist eine lange Geschichte, wirklich. In Kern geht es um das Thema gender, also Geschlechteridentitäten. Ich bin in Kalifornien aufgewachsen, auf einer kleinen Farm außerhalb einer kleinen Stadt namens Paso Robles. Unsere Farm lag sehr isoliert, es gab nur ein paar andere Farmen, aber ohne Kinder, ohne Spielgefährten, nur Tiere (die ich allerdings heiß liebe). Ich bin in einem sehr ungemütlichen Haushalt aufgewachsen, um mich gab es viele mentale Gesundheitsprobleme und viel Gewalt. Ich hatte aber immer eine überschäumende Vorstellungskraft, die ich nütze, um dem irgendwie zu entkommen und zumindest geistig irgendwo anders zu sein.
Das schlimmste, was man bei mir zu Hause sein konnte, war eine Frau, und meine Mutter hatte es am übelsten von allen. Also beschloss ich schon sehr früh, dass ich keine Frau sein wollte, dass ich keine Frau bin. Ich war sehr trotzig und aufsässig, wenn man mich in die Rolle der Frau drängte, mit all den Erwartungen, die dazu gehörten. Mit 15 beschloss ich dann entgültig, dass ich keine Frau mehr sein wollte, und begann, mich als Mann zu identifizieren, und zwar als schwuler Mann – das war ganz eindeutig das, was ich war. Und ich wollte eine Dragqueen sein.
Wie kam das?
Mit 15 sah ich Jimmy James, eine sehr berühmten Drag-Performer, und seine Darstellung von Marilyn Monore. In den 80-ern hatten wir auf der Farm einen Fernseher, und dort sah ich ihn: Er kam auf die Bühne, und er war alles, was ich sein wollte. Blond, berühmt, schön, fancy. Und ich dachte, wenn ein Mann so schön sein kann, kann ich das auch. Also werde ich ein Mann sein. Das erste Beispiel einer Frau, die so war, wie ich sein wollte, war also ein Mann.
Die Leute, die mich liebten, waren sehr pragmatisch. Sie sagten mir: „Du kannst keine Dragqueen sein, du bist eine Frau.“ Ich wollte mich aber nicht aufhalten lassen, habe sogar über eine OP zur Geschlechtsänderung nachgedacht. Ich bin von zu Hause weggezogen, nach Hollywood, dann San Francsiso, um in den Nachtclubs als professionelle Dragqueen aufzutreten. Ich habe ich mich am Tag als Mann gefühlt bin und in der Nacht als im Drag-Outfit aufgetreten. Ich war sehr bedacht, meine Kehle zu verstecken, weil ich keinen Adamsapfel habe,habe Handschuhe getragen, weil meine Hände wie die einer Frau aussehen, und habe ganz dickes MakeUp getragen, um den Bart zu verbergen, den ich nicht hatte.
Ich war sehr vorsichtig, wie ich mich als Drag Queen präsentierte. Untertags trug ich weite, sackartige, androgyne Kleider; Männerunterwäsche, Männerdeo, Männerparfum. Nicht ganz wie ein Mann, eher wie sich eine der kurvigen, runderen Dragqueens unter Tags anzieht. Manche – nicht alle – sehen sehr unsexuell aus, keine Augenbrauen und Kurven in sehr weiter Kleidung – so habe ich ausgesehen.
Suche nach sich selbst zwischen den Geschlechterrollen (C) Karl Giant
Und San Francisco und die Szene haben Dich verändert …
In San Francisco habe ich auch begonnen, mit Transsexuellen abzuhängen – mit Männern, die zur Frau wurden. Ich fand sie großartig, so schön und tapfer, und war beeindruckt, dass sie gegen so viele Widerstände kämpften. Es waren die schönsten Frauen, die ich je gesehen hatte, und wieder zeigten mir Menschen, die ursprünglich einen Männerkörper hatten, einen neuen Weg. Für diese Menschen war das Frausein eine bewusste Entscheidung, war etwas, dass sie mehr wollten als alles andere auf dieser Welt – das Frausein, dass ich als Kind verworfen hatte. Sie inspirierten mich so, dass ich meinen Freunden sagte: ich ziehe nach NY und werde eine Transsexuelle. Niemand hat das in Frage gestellt.
Was ich damit meinte, war: ich würde nach NY gehen, und endlich rausfinden, wie es war, eine Frau zu sein. Das hört sich für viele Menschen jetzt sehr verwirrend an, und ich vereinfache es so: ich bin eine spirituelle Transsexuelle. Ich habe eine Geschlechteränderung gemacht, ohne mich operieren zu lassen – eine spirituelle Transformation. Ich sage das auch aus Respekt vor den Leuten, die eine operative Transformation hatten und haben – viele meiner Freunde und Familienmitglieder haben so etwas hinter sich.
Es gibt verschiedene Arten der Transformationen und Wandlungen. Man muss nicht unbedingt operiert sein. Manche Leuten ist es sehr wichtig, das ihr Herz und die Seele den Körper komplett widerspiegelt. Für andere reicht auch nur eine teilweise Operation. Manche brauchen gar keine, es ist eine spirituelle Verwandlung.
Also bist Du nach New York gezogen …
Ich zog also nach NY, und fing an, in den berühmten Nachtclubs Limelight und Tunnel zu arbeiten, als Transsexuelle. Manchmal warf man mir vor, ich wolle die Leute belügen, und dass das gemein von mir sei, aber ich log nicht. Für mich stimmte es.
In New York hat mir meine Drag-Mutter Jacky B. (eine berühmte Dragqueen, die jetzt in LA lebt) meinen Bühnennamen World Famous verpasst, vorher war ich nur BOB. Jacky fand das zu simpel, und machte mir Visitenkarten, auf denen World Famous *BOB* stand. Meine Mutter gab mir den Namen, als ich 25 war.
Wie kam es dazu, dass du mit Burlesque angefangen hast?
Eines Tages nahm mich Jacky B. zum Perücken-Shoppen in den berühmten Wigstock-Laden– für meine Shows ich hatte diese Nina Hagen trifft Lilly Muster-Perücke, und ab und an ein riesiges blondes Teil a la Dolly Parton. An diesem Tag habe ich meine erste Marilyn-Perücke ausprobiert, und ich sah mich im Spiegel und sah Jimmy James, die Dragqueen aus dem Fernsehen Meine innere 15-Jährige erinnerte sich, und ich wusste: das muss ich als nächstes machen. Das ist mein Schicksal.
Für meinen nächsten Auftritt im legendären Nachtclub The Cock stellte ich also einen Marilyn-Act zusammen, bei dem ich Martini in meinem Dekolletee mixte – meine berühmteste Nummer. Alle waren so überrascht, weil ich an sich so Punkrock war, und auf einmal als 50-er Jahre Marilyn aufgekreuzte. Ein Typ an der Bar sprach mich an: „Ich liebe deine Burlesque-Nummer.“ Ich fragte ihn: „Was ist Burlesque?“ Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach. Er rollte die Augen: „Schau es nach, ja?“
Ich ging also in die Bücherei (das war vor 18 Jahren, es gab noch keine Smartphones), und ich verliebte mich in Buresque. Es gab noch da auch niemanden, der es mehr machte. (Anm Rhea: Burlesque erlebte den Niedergang in den 60-ern und 70-ern).
Burlesque ist in meiner Reise hin zur Selbstliebe auch sehr wichig. Damals bin ich damals zwischen LA und NY gependelt, um aufzutreten, und die Produzentin der berühmten Truppe Velvet Hammer Burlesque in L.A. hat mich in der Zeitung gesehen und mich vom Fleck weg gebucht hat. Sie hat mich dann gefragt, ob ich Dirty Martini, Julie Atlas Muz und Kate Valentine (Pionierinnen des New Burlesque kenne). Ich sagte nein, bat sie um ihre Nummern und kontaktierte sie, sobald ich ich wieder in NY war. Ich war damals in den Schwulenbars ziemlich alleine mit meiner Nummer, und dann machte ich meine erste Performance mit anderen Frauen im Va Va Voom Room. Als ich Backstage war mit Dirty und Julie und Miss Astrid war, sah ich mich um, und zum allerersten Mal war ich von Frauen umgeben, die genauso waren, wie ich sein wollte. Verschiedene Körpertypen und Kleidergrößen, und alle hatten zu viel Makeup und riesige Perücken, und sie alle lachten und hatten einander lieb, es gab keine Konkurenz. All die Sachen, die mir am Frausein Angst machten? Diesen Frauen taten es nicht. Sie unterstützen sich, es gab keine Restriktionen, und durch sie habe ich gedacht: Vielleicht kann ich endlich den Übergang vom traurigen kleinen Mädchen zur New Wave zu Drag Queen zu Tranny und zu einer echten Frau machen, und endlich echt Frau sein.
Diese Frauen waren und sind mein Vorbild, und jetzt sind sie meine Freundinnen und meine Familie. Ich finde es wichtig, die ganze Sache zu erzählen. Ich kann immer noch nicht an allen Tagen sagen, dass ich mich zu 100% als Frau fühle. Das mag verrückt klingen, aber es ist mir egal. Ich lebe nicht in der Welt anderer Leute, sondern in meiner Welt und meinem Körper. Meine Freundinnen haben mir aber einen Weg gezeigt, Frau zu sein, der sich großartig anfühlt.
Vor zwei Wochen hat mich Alexandra aus der Schweiz angeschrieben, und mich auf ihr Plus-Size-Fitnessblog, Run Couchpotatoes, run aufmerksam gemacht. Und sie hat mich gefragt, ob ich nicht einen Gastbeitrag schreiben möchte. Aus einem Beitrag ist dann ein Zweiteiler geworden, zum Thema „Zur Couchkartoffel geboren? Eher nicht“ (Badeanzugfoto inklusive).
Eine der leider viel zu selten hinterfragten Mythen, die über runde Menschen kursieren, ist ja, dass sie unsportlich sind und sich nicht gerne bewegen, und zwar, weil sie von Natur aus faul sind. Meiner Erfahrung und Recherche kommt man aber nicht als Coachpotatoe auf die Wekt, sondern wird in den meisten Fällen dazu gemacht. Diätmentalität, halbkompetente TrainerInnen und Spott trieben vielen Menschen (schlank wie dünn) die Freude an Bewegung aus.
Es geht in dem Beitrag übrigens nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, anhand meiner Geschichte zu erklären, was falsch laufen kann, und was für Folgen das für Menschn haben kann. Ich schreibe den Beitrag nicht, um anzuklagen, sondern um Bewusstsein zu schaffen, und um Menschen zu sensibilisieren. Um ÄrztInnen und SportlehrerInnen, Eltern, Medien und natürlich den Dicken selbst eine Diskussionsgrundlage zu bieten, damit Fälle wie meiner (und ich bin bei Gott nicht die Einzige) sich nicht mehr widerholen. Die Jahre der Entfremdung von meinem Körper waren schmerzhaft und unnötig, und der Weg zu einem guten Körpergefühl und zu wiedergefunderer Freunde an der Bewegung war ein Langer …
Teil eines meiner Reise hin zu einem besseren Körpergefühl und Freude an der Bewegung findet sich hier.
Gabriele Wally in ihrer Boutique stor> – alle Fotos (c) Bianca Kübler
Langsam, aber sicher ändert sich die Lage am Plus-Modemarkt – zumindest online. Aber auch offline finden sich vereinzelt Pionierinnen, die schicke, junge Mode jenseits von Größe 42 anbieten. Eine von ihnen ist Gabriele Wally, Inhaberin der Boutique stor> im achten Wiener Bezirk. Der Name ihrer Boutique spielt nicht nur auf das englische Wort für Geschäft an. „Stor“ bedeutet im dänischen „groß“, und der nordische Name ist kein Zufall . Blickt man bei kleineren Größen immer noch eher nach Paris und NY, tut sich bei den Plus-Größen im skandinavischen Raum mehr, als man vermuten würde. Gabriele (Selbstbeschreibung: 40 plus, Modefan und Genießerin süßer Köstlichkeiten) spach mit Venus in echt über Lieblingslabel, Plus-Lifestyle und Shopping-Geheimnisse.
VIE: Wie ist es dazu gekommen, dass Du das stor> eröffnet hast?
Gabriele Wally: Ich wollte, dass es in Wien endlich eine ernstzunehmende Anlaufstelle für +size gibt. Einen Laden, wo auch ICH einkaufen würde, denn es gibt doch noch viele andere Frauen mit Rundungen und dem Bedürfnis nach cooler Mode. Einen Laden mit gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre, gutem Service, einer großen Umkleidekabine, warmem Licht, wo man gerne vielleicht auch nur auf einen Kaffee oder auf einen Tratsch vorbei schaut …
Model Dagmar im nordischen Design
Was kann man bei Dir finden, und in welchen Größen?
Skandinavische Labels wie Carmakoma, Zizzi, Studio, Yppig oder das Berliner Label Weimann – leistbare Mode von Gr. 42 – 52
Warum gerade eine Orientierung nach Norden?
Es war nicht so, dass es unbedingt skandinavische Mode sein musste, wichtig war mir, Mode zu finden, die mir gefällt. Und da bin ich eben in Dänemark fündig geworden. Nebenbei liebe ich aber auch dänisches Design und Möbel. Wichtig war mir auch, Labels zu finden, die bisher in Österreich noch nicht vertreten waren und jetzt exklusiv im stor> zu finden sind.
Was heißt Plus Size Lifestyle für dich?
Das persönliche Wohlfühlgewicht, regelmäßiger Sport, Gesundheit ohne mich vom BMI tyrannisieren zu lassen.
Die Modeindustrie behandelt Plus-Frauen immer noch eher stiefkindlich …
Seit geraumer Zeit gibt es da glücklicherweise eine Veränderung. Lange war es verpönt, kurvig zu sein, und manchmal denke ich, dass es das immer noch ist. Diese Klischees kennt man ja, dicke Menschen gelten als undiszipliniert, wenig erfolgreich, etc. Ich denke, das ging auch soweit, dass es auch einfach unschick war, für kurvige Menschen Mode zu machen, bzw. eine „Molly Moden“ Boutique zu führen. Zum Glück wird mit diesen Klischees aufgeräumt, Dank vieler +size Fashion Bloggerinnen und Frauen wie dir und mir.
Skandinavischer Stil in der Strozzigasse
Woran liegt dieser Meinungswechsel deiner Meinung nach?
Die meisten bekannten +size Firmen, die man in Österreich und Deutschland kennt, gibt es schon seit Jahrzehnten. Früher hat man kurvige Frauen in A-Linien-förmige Zelte verhüllt. Die moderne Generation Frau ist aber selbstbewusster geworden und steht zu Recht zu ihren Rundungen. Langsam beginnt auch die Modeindustrie darauf zu reagieren. Die neuen jungen Labels wie z.B. Carmakoma sehen das genau so und bringen figurbetonte Modelle. Nun liegt es auch an den altbekannten Marken, diesen Sprung zu schaffen und den modischen Anforderungen der Curvys gerecht zu werden!
Gibt es eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Plus-Modeindustrie bietet, und dem, was Frauen wollen?
Hier ist eine sehr große Veränderung bemerkbar. Und ich denke in den nächsten Jahren wird sich hier auch noch sehr viel Entwickeln.
Was sind deine besten Tipps in Sachen Plus Fashion?
Generelle Tipps finde ich schwierig und gebe ich nicht gerne. Jede Frau unterscheidet sich in der Figur und hat ihre Rundungen unterschiedlich aufgeteilt. Ich mag auch nicht so gerne die Einteilung in A, O, X und H-Typ oder Apfel und Birne etc. Die meisten Frauen sind eine Mischung aus den verschiedenen genannten Formen. Und darauf gehe ich gerne persönlich im Beratungsgespräch ein.
Was würdest du dir auf dem Gebiet Plus-Mode in Zukunft wünschen?
Definitiv mehr Designer und Firmen, die sich den Anforderungen der +plus size Mode stellen. Doch als Schneidermeisterin weiß ich sehr wohl, dass nicht jeder Schnitt in jede Grösse gradierbar ist bzw. in Gr. 52 am Körper noch gut aussieht. Darum wird sicher auch in Zukunft nicht jede Firma von z.B. Gr. 36 – Gr. 52 ihre Modelle anbieten. Auch wenn wir uns das gerne wünschen würden.
Lieblingsressourcen, online und offline?
Ich liebe es, Modeblogs lesen und Inspirationen auf Reisen sammeln.
Worauf sollte man beim Einkaufen achten?
Auf das selbe wie jede andere Frau auch! Die Farbe sollte zum Typ passen, und der Schnitt zur Figur, wie schon erzähnt. Gerne mag ich das Zitat von Vivienne Westwood: Buy less choose well.
Geheimtipp: Ist ein Top, mit dem man liebäugelt, in der Taille zu weit oder eine Hose zu lang, nimmt Gabriele als gelernte Schneidermeisterin gerne auch Änderungen vor …