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Kunst

Literaturperformance KörperBilder Do, 21.5.

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Text trifft Livevisuals trifft Klangbilder.

Zum zweiten Mal laden 4youreye (Eva Bischof und Gerald Herlbauer) und Autorin Rhea Krcmárová zu ihrer Performance KörperBilder, dieses Mal zu den Klängen von Henric Fisher. Die Performance an der Schnittstelle zwischen Wort und Licht greift das Thema Sichtbarkeit von Körpern auf.

Die Autorin wird zu einem Teil der Projektion und somit zugleich zu Projektion und Realbild. Krcmarovas Text erforscht, was bei Körpern und Körperbildern zu sehen erlaubt und was tabuisiert ist, und die Performance erschafft mit den Bildern von 4youreye und der Stimme und dem Spiel der Autorin eine Landkarte unserer unsichtbaren Körper. Licht interagiert mit Stofffalten und Körpergeographie, Stoffschichten und Textschichten und Lichtschichten werden auf- und abgetragen, und ein Tanzaccessiore erstrahlt in einem neuen Kontext…

Die Perfomance findet im Rahmen des PLAYGROUND AV SESSIONS Festivals statt – genaues Programm (Projektionskunst, Workshops, Partys und Performance) unter http://playground-av.com/

Do, 21.5.2015 19-20h
Lichtbogen 334, Spitllelauer Lände 12
1090 Wien

Spiegel und Sonnenfältchenlächeltanz: zwei Gedichte

brigitte
Foto zum Gedicht „Spiegel“ von Elvira Rajek

spiegel

er sei dein spiegel, waren ihre worte.

nun, was er schön sieht, zählt.

meine augen zählen nicht. nur wenn sie ihm gehören.

meine schönen augen, ausdruckshaft, betonend und nicht hervorgehoben.

rot gerändert habe ich sie in ehrlicher schönheit.

und sie gehören nur ihm.

 

er soll dein spiegel sein, hat sie gesagt

mein unterer rücken ist nichts wert.

es sei denn, er lässt sich herab. ihn wahrzunehmen.

mein schönes rundes hinterteil. festgewandert, in form gelaufen.

nur durch ihn wird es sichtbar.

 

doch jahre kommen. ihre macht am schwinden.

und nach und nach verblasst ihr schleier vor meinen augen.

und meine macht beginnt.

und meine schönheit beginnt.

und ich werde mein spiegel

 

sonnenfältchenlächeltanz

sonnenfältchenlächelkranz

lädt dich ein zu meinem Tanz

augenrahmenbilderblick

hin und her, vor und zurück

strahlekrähengrinsefuss

dreh im kreis dich voll genuss

tälerblickebergebraun

tanz die schönheit aller frau´n

wimpernfächerschattenbild

sanft und wiegend, frech und wild

sonnenfältchenlächelkranz

meiner schönheit einen tanz

 

Zur Erklärung:

Vor einigen Jahren war ich Stipendiatin des Autorentheaterprojekts wiener wortstaetten, mit deren Unterstützung ich nicht nur mein erstes Stück reigen reloaded geschrieben habe, sondern auch mein erstes großes transmediales Kunstprojekt auf die Beine stellen konnte – Schönheit zum Quadrat. Ich habe in Wien – genauer gesagt im Planquadrat der Bezirke 4/5/6 Frauenorte gesucht (vom Bauchtanzstudio über die Fußballmannschaft und das feministische Veranstaltungszentrum bis zum Ladies Only-Sexshop) und dort Frauen aller Altersgruppen und Figurentypen über ihre ganz persönliche Schönheit befragt – diese Frauen mit all ihren individuellen Geschichten und Zugängen wurden für dieses Projekt zu meinen Musen.

Von den Interviews inspiriert, habe ich Texte geschrieben (die z.T. von der Komponistin und Kontrabassistin Birgit Selhofer vertont und bei der Vernissage von uns beiden vorgetragen wurden), Videos gedreht und ein (leider nicht mehr exisiterendes) kleines Blog erstellt. Außerdem habe ich Künstlerinnen eingeladen, die Teilnehmerinnen auch zu ihren Musen werden zu lassen – so haben u.a. die Fotografin Elvira Rajek, Autorin und Malerin Julya Rabinowich, Malerin Nina Hoechtl und andere die Bilder zu meinen Texten geliefert.

Die Idee hinter Schönheit zum Quadrat war, die Frauen einzuladen, eine Muse zu werden – und sich durch den Blick eine Künsterin vielleicht ein wenig anders zu sehen. Ich bin selbst ein paar Mal Modell gestanden, und weiß, wie transformierend es sein kann, sich selbst als eine Komposition als Licht und Schatten und Farbe und Form und Negativräumen zu sehen, und wollte anderen Frauen dieses Erlebnis auch ermöglichen. Es ging darum, den sehr engen Schönheitsbegriff des Mainstreams aufzubrechen, und das an sich selbst feiern, was man mag und schön findet, und es mit anderen zu teilen …

Warum ich das poste? Weil ich sehr überlege, das Projekt in neuer Form wieder aufzunehmen … genaueres weiß ich noch nicht, nur, dass ich es Radical Muse Project nennen will …

 

 

Fotos von der Poetry-Performance KörperBilder

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Ein paar Eindrücke von meiner Textperformance KörperBilder im Rahmen des Vienna Video Poetry Festivals am 6.11.2014 – die Visuals stammen von 4youreye, mit denen ich das erste Mal zusammengearbeitet habe. Mein Text und die Performance beschäftigen sich mit Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit weiblicher Körper in unserer Gesellschaft und unserer versteckten Geograhie.

Ein Textauszug aus KörperBilder (c) Rhea Krcmárová, 2014

Ich vermisse die Wärme meines eigenen Körpers

Versteckt unter berührungslosen Schichten

Jede Wärmebildkamera sucht vergeblich nach mir

Gut isoliert unter meinem eigenen Schicht Schutz

Schutzspeck aus Wolle oder auch nicht

Man weiß, Kleidung soll vor Kommentaren isolieren

Daunenjacke als Gefechtsgeschütz, selbst angezüchtet

Kevlarersatz aus Textil oder aus Fleisch oder aus Haut,

Nur leider nicht ganz so wirksam

Hautsache ist, nicht auffallen, sagt die geschärfte, die gescheuchte,

Die geplagte Innenstimme

Meine Nebenschauplätze nicht zur Schau stellen

Von alten Kriegslinien, meinen Kriegslinien ablenken

Problemzonenvermeidung, raten die Medien

Kein Terrorist auf meinen Hüften

Keine Bodenluftraketen, Geiselnahmen

Geigerzähler tanzt nicht über meiner Haut

Trotzdem das Urteil, vernichtend genug: Problemzone

 

Sie nennen es

Fat talk

Ich sage

Bad talk

Ich sage

Mad talk

 

Irgendwer sagte einmal, die inneren Werte sind zu zählen.

Heute will man Haut sehen.

Nur nicht irgendeine.

Nur nicht meine, und die von den Meinen.

Sichtbar

Sich bar

Barstellen

Barhäuptig

Barbrüstig

Aber nur, ohne selbst daran gefallen zu finden

 

Ich soll mich hautlos fortbewegen, wenn es nach Mehrheit der Meinungen geht.

Aber ich weigere mich.

Unsichtbarkeit mag für andere Schutz sein.

Mir und meinem Wesen liegt sie nicht.

 

Ich will mich nicht mit Flüssen vergleichen müssen

Die unter der Erde fließen

Deren Lauf man nur ahnt

Die aufscheinen auf Landkarten als wage Punkte

Wenn überhaupt

Unerforschbar

Interessant nur für eingeweihte Kreise

Weil ohne auf den ersten Blick erkennbare Werte

Panta rhei

Alles fliest

Aber nur unter der Erde

Und wenn ich irgendwann ins Meer münde,

oder mich mit dem Lauf eines anderen Flusses verbinde

habe ich nie existiert

Weil niemand je nach mir gesucht hat

Lieber den zögerlichen Bachlauf, Bauchlauf an der Oberfläche sehen, sagt man

Als füllige Gewässer unter der Erde

Neugier hat im Durchschnitt noch nie eine Rolle gespielt

Nur, was sichtbar sein darf, zählt

Darum verlasse ich mein Wasser-Bett in der Höhle

Nehme meinen Platz in der Geographie der Welt ein

Amazone wird zum Amazonas

So breit und so fett, wie es ihr zusteht

Nebenarme, Deltas, nährend, tödlich, entsprechend gewaltig

Eine Göttin, weiß man, steht am Anfang jeden Flusses

Sie nimmt den Raum ein, der ihr zusteht

Fließt durch alle Landschaften, StadtFeldBerg,

 

Ich bin Sedna, die vom Grund,

Die ihre Finger, ihre Tentakel und ihre Gedanken abschneidet,

Und die blutigen Gliederreste werden zu Fischen und Quallen und Seehunden

Wenigstens zu etwas nützlich

Wenn ich schon kein Planet bin, der zählt

 

Acht oder neun Planeten, nur eine Göttin

Die Schöne, selbstverständlich

Die Klugen und Starken und Bewaffneten und Mütter und die Schöpferinnen und die dunklen Versucherinnen

Sind Trabanten, wenn denn überhaupt

Kaum sichtbare Himmelskörper

Oberflächen ohne eigene Umlaufbahn

 

Man hat uns eine Dreifaltigkeit aufgezwungen

Und unsere eigene kastriert

Nur die junge Göttin ist sichtbar, ist frisch und naiv

Die Mutter wird auf Nutzen überprüft

Die Alte wird verleugnet

Hebe Sheila

Hekate

Zeig dein alterndes Geschlecht

Das Loch zwischen den Welten, den Übergang

Zeigt es euren Enkeltöchtern, wie man es richtig macht

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Slam Poetry Fundstück: Fat Bottomed Girls

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Die junge Amerikanerin Kim Selling performt ihr Gedicht über Gesundheits-Trolle, Schönheitsnormen und eine rebellische Liebe zu ihrem eigenen Körper.

There’s no footnote in the regulations index of my life
that says I have to sleep on elipticals
and suck down the hopeful semen of boys named Jimmy
until you understand my body.
You wont ever understand my body.
I am Miss Piggy.
I am Mama Cass.
I am fuckin’ Aretha.
And I love being these women.
I love being fat.

„SKINS“ Open Mic: Kim Selling from Champ Ensminger on Vimeo.

Performance KörperBilder 6.11.14

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Textperformance “KörperBilder”

Text / Performance: Rhea Krcmarova

Video / Live Projektionen: 4youreye // Eva Bischof & Gerald Herlbauer

Die Performance an der Schnittstelle zwischen Wort und Licht greift das Thema Sichtbarkeit von Körpern auf. Licht interagiert mit Stofffalten und Körpergeographie, Stoffschichten und Textschichten und Lichtschichten werden auf- und abgetragen, und ein Tanzaccessiore erstrahlt in einem neuen Kontext …
ART VISUALS & POETRY FILMFESTIVAL 5. /6. November 2014, Beginn 19:00
Schikaneder Kino, Margaretenstr. 24, 1040 Wien
Moderation Sigrun Höllrigl und Hubert Sielecki
Literaturperformances Sophie Reyer & Rhea Krcmarova / 4youreye (Visuals)
Eintritt 5/10 Euro
Programminfos:
http://poetry.or.at/node/1317

The Expose Project: Frauenkörper, ungeschönt …

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Foto Liora K.

Triggerwarnung: Viele, viele nackte Frauen. Und null Photoshop.

Seien wir ehrlich: Wenn wir eine Zeitschrift aufschlagen, den Fernseher aufdrehen oder ins Kino gehen: finden wir uns wieder? Wie oft sehen wir in den Mainstream-Medien Frauen, die so aussehen, wie du und ich? Die Antwort auf diese Frage lautet in der Regel: relativ selten bis fast gar nicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Nicht nur, dass Medien überdurchschnittlich oft nur einen einzigen Körpertyp abbilden, der gerade einmal 5% der weiblichen Bevölkerung entspricht. Selbst diese „Ausnahmekörper“ werden in der Regel noch intensiv durch digitale Bildbearbeitungsprozesse gejagt. Mit dem Ergebnis, dass „echte“ Frauenkörper in den Medien eine seltene Erscheinung sind. Und, nein, mit „echt“ meine ich nicht (nur) Plus Size, sondern Frauen, die man im täglichen Leben sieht. Frauen, die Bäuchlein haben, oder ganz kleine Brüste, oder Fältchen um die Augen, oder unregelmäßig pigemtierte Haut, oder Leberflecken und Dellen und Schwangerschaftsstreifen und Narben und blaue Flecken und Sommersprossen und und und … Eben Frauen wie Du und ich und so ziemlich alle anderen …

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The Expose Project von Fotografin Liora K. und Bloggerin und Aktivistin Jes Baker möchte die anderen 95% der Frauen sichtbar machen. Für Jes (die Gründerin der Body Love Conference) und Liora haben sich fast einhundert Frauen so gezeigt, wie sie sind. Nackt, stolz, schön, fröhlich, verletzlich … Enstanden sind wunderbare Fotos, und ich freue mich, sie zeigen zu können. Nicht, das mich die Kraft der Bilder überrascht. Ich habe Liora und Jes im April in Tucson kennen lernen dürfen, und sie als kluge, energetische Aktivistinnen und Botschafterinnen der Body Love Bewegung kennen gelernt.

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„Wir wissen alle, dass das, was wir in den Medien zeigt, nicht die ganze Story ist“ beschreibt Jes die Philosophie hinter dem Projekt. „Und weil wir sehen, was wir sehen (beziehungweise nicht sehen), fangen wir an zu glauben, dass wir die einzigen sind, die diese Art von Schwangerschaftsstreifen haben. Oder ungleichmäßige Brüste. Oder Narben auf der Beinen. Oder asymmetrische Brustwarzen. Oder diese Art von Bauch. Oder Körperbehaarung. Oder unser was-auch-immer-es-ist-das-man-nirgendwo-anders-sieht … Wir sehen sehr selten die schöne und komplexe Kombination der Körperteile, die uns so großartig machen. Und wir fühlen und alleine in und mit unserem Körper, haben das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Die Wahrheit ist aber: wir sind mehr als gut genug. Und wir sind nicht alleine.“

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Liora schreibt auf ihrem Blog über das Projekt: „Was mir wirklich wichtig war: ich wollte den Frauen in der Zeit verständlich machen, das sie wichtig sind. Dass ihre Körper es verdienen, gesehen zu werden. Dass das, was sie als Fehler ansehen, einfach das ist, was sie ausmacht, und das sie weder richtig noch falsch sind. Dass es ihnen nicht Schaden zufügt, ihre Körper zu zeigen. Dass ihre Brüste anderen Menschen nicht weh tut, und ihre Bäuche und Schenkel auch nicht. Dass ihre Nacktheit sie zwar verletzlich macht, sie dadurch aber keine Schuld auf sich laden. Und nicht zuletzt, dass ihre Körper sie durchs Leben tragen, und dass man sie liebevoll und sanft behandeln sollte. Ich hoffe, das ist angekommen.“

Bei mir als Beobachterin ist die Botschaft auf jeden Fall angekommen– ich hätte am liebsten alle Fotos gepostet. Für alle, die nicht genug von diesen Frauen bekommen können: die vollständige Galerie kann man sich hier ansehen

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Girlcrush: The World Famous *BOB*, Burlesque-Diva (Teil 2)

 The World Famous *BOB* – (c) Deidre Schoo
The World Famous *BOB* – (c) Deidre Schoo

Teil zwei meines Interviews mit der New Yorker Burlesque-Ikone – über Rollenbilder, Dankbarkeit und süße Tierchen (Teil eins hier)

VIE: Du lässt das Thema Selbstliebe auch in deine Kunst einfließen …

World Famous *BOB*: Ich kann das gar nicht trennen – meine Kunst führte mich zu Selbstliebe, und als ich das erkannte, arbeitete ich das Thema mehr und mehr in meine Kunst ein, um mit Hilfe meiner Performance meine Geschichte zu mit den Menschen teilen.

Was hat dich zu deinen Ultimate Self Confidence (Ultimatives Selbstbewusstsein)-Workshops geführt?

Ich kam durch Jo Boobs Weldon dazu, die Direktorin und Gründerin der New York School of Burlesque und Autorin des Burlesque Handbuchs. Ich kenne sie seit 18 Jahren, aus meiner Performance Zeit – sie hat damals schon Burlesque gemacht, und einen ganztägigen Burlesque-Kurs unterrichtet – Tanz, Schminke und alles. Jo fragte mich irgendwann, ob ich eine halbe Stunde davon übernehmen will. Also dachte ich, ich unterrichte Selbstvertrauen. Als ich jünger war, hatte ich praktisch kein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, und hatte lange darum gekämpft – es ist manchmal immer noch ein Kampf, und ich fordere mich immer wieder heraus, damit die verbliebenen Stellen und Depots an mangelndem Selbstvertrauen sichtbar werden, weil ich so nach und nach all meine Ängste in Selbstakzeptanz verwandeln kann. Ich höre also auch heute nicht auf.

Ich begann also, an der School of Burlesque zu unterrichten, und wurde ich süchtig danach – es war so aufregend.

Wie kann man sich deinen Workshop vorstellen?

Ich unterrichte in meinen „Workshop für ultimatives Selbstvertrauen“ Frauen – das heißt, alle Menschen in Frauenkörpern. Mir ist das wichtig, damit ich allen Teilnehmerinnen einen sicheren Raum bieten kann. Es gibt Menschen in Frauenkörpern, die sich nicht als Frau empfinden – die sind willkommen, genauso wie transsexuelle Frauen nach der OP.

Details verrate ich nicht, nur soviel: Es ist eine intime Erfahrung, höchstens zwölf bis vierzehn Frauen, die im Rahmen des Workshops diverse „Werkzeuge“ bekommen, die die sie nach dem Kurs benützen können, um Schritt für Schritt dorthin zu kommen, wo sie sein wollen – und der Mensch werden können, der sie sein wollen.

Man muss dazu aber nach NY kommen, beziehungsweise einen deiner Kurse besuchen, die du gibst, wenn du unterwegs bist.

Am liebsten würde ich mich ja klonen (lacht). Ich kann anderen nicht beibringen, meinen Kurs zu unterrichten, ich muss selbst da sein.

Kannst du dir vorstellen, auch online zu unterrichten?

Ich möchte sehr gerne live Onlinekurse machen, aber dazu muss die Technik noch besser werden – ich will nicht mitten im Unterrichten unterbrochen werden.

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The World Famous *BOB* in action bei der Burlesque Show nach der Body Love Conference in Tucson (c) Roland Bosma

Erzähl mir von deiner Kampagne Body Love Realness.

Man hat mich im April eingeladen, bei der Body Love Conference zu sprechen. Ich finde es sehr inspiriert, die Leitfiguren dieser Bewegung zusammenzubringen. Body Love Realness ist mein Beitrag, ein Forum für die Anführerinnen in Sachen Bodylove und Selbstakzeptanz, um online zusammenzuarbeiten, und dann auch in Person. Es geht um den Wunsch, eine wirkliche Verbindung in Sachen Body Love zu haben, und es ist auch eine Anspielung auf den Begriff „realness“ der amerikanischen queer-Community, im Sinne von schwulen,- lesben,- und transgender-freundlich.

Zum Thema pleasure, also Vergnügen: Was bereitet Dir Freude?

Es geht darum, anwesend sein, im Moment zu leben – das Gestern ist vergangen. Nur wenn ich wirklich anwesend bin, kann ich wirklich Vergnügen empfinden. Eine echte Verbindung erschaffen – spirituell oder geistig oder sinnlich. Ein authentischer Moment ist das größte Vergnügen für mich, ob in der Natur, mit Menschen oder mit Tieren (ich liebe Tiere so sehr!) Und Nachtisch, das liebe ich auch.

Wer sind deine weiblichen Vorbilder?

*BOB* mit der leider vor kurzem verstorbenen Burlesque-Legende Dixie Evans
*BOB* mit der leider vor kurzem verstorbenen Burlesque-Legende Dixie Evans

Meine Sheroes (Anm: Verbindung aus she und hero, sie und Held) sind Frauen, die durch ihr Beispiel vorangehen.

Da ist zuerst einmal Dixies Evans, die Marilyn Monroe des Burlesque. Sie ist ein riesiges Vorbild, weil sie die Flamme des Burlesque am Leben gehalten hat, nachdem die Medien und alle anderen sich davon abgewandt haben. Jetzt ist diese Kunstform wieder sehr beliebt, und ich rate jedem, der sich mit Burlesque beschäftigt, Dixie zu recherchieren. Sie hat das einzige Burlesque-Museum gegründet und betrieben, und das Erbe und die Geschichten bewahrt. Sie hat die Miss Burlesque-Messe in Las Vegas gegründet – und sie war auch eine sehr sexy Tänzerin – siehe ihre Videos auf Youtube.

Burlesque-Performerin Dirty Martini ist auch eine meiner Sheroes. Sie hat mir gezeigt, was möglich ist. Dirty kennt das Wort nein nicht – ich sage immer, das Wort perlt von ihrem G-String ab. Dann Mae West, weil sie ein Stück namens Sex geschrieben hat und dafür sogar ins Gefängnis gegangen ist. Jayne Mansfield ist eine visuelle Ikone, und sie war sehr smart, obwohl man es nicht weiß – das war in den 50-er nicht unüblich. Dann noch Jean Harlow – und Dolly Parton, auch eine meiner Heldinnen. Sie ist nicht nur unglaublich talentiert und authentisch, sie macht auch sehr viel, um anderen zu helfen. Sie ist eine spirituelle Inspiration, jeden Morgen lese ich ein Zitat von ihr – Dollyluja! An meinem 40-er war ich in Dollywood (Anm: Dolly Parton-Vergnügungspark), auf einer „spirituellen Reise“.

(Burlesque-Diva Dixie Evans, 50-er Jahre)

Was heißt Plus Size Lifestyle für dich?

Mein Lifestyle passt in keine Kategorien. Ich habe einen World Famous Lifestyle – nicht fake, sondern authentisch.

Ein paar Online- Lieblingsressourcen?

Barenecessities.com – ganz tolle Unterwäsche

Modemerr Clothing Süße, Vintage-inspirierte Sachen bis Größe 52 – und man kann sie rollen, und sie knittern nicht. Wichtig – wenn ich reise, muss ich gut ansehen-

Cute overload – wenn ich müde oder traurig oder sauer bin, hilft es mir, süße Tiere anzuschauen.

Dir ist Selbstliebe nicht nur bei verschiedenen Körpertypen wichtig, sondern auch bei verschiedenen Altersgruppen …

Es ist so wichtig, ältere MitbürgerInnen zu ehren – jeder will alt werden, aber keiner will alt sein. Wenn das Leben ein Rennen ist, sollte man bei der Ziellinie jubeln. Im Moment ist es aber so, dass es bei den meisten Menschen gegen die Ziellinie hin sehr still wird.

Unsere Jugend-bessene Kultur mit all ihrer überwältigenden, wenn auch hilfreichen Technologie übersieht, dass das Alter Wertvolles mit sich bringt. Wir verlieren durch die Technik manchmal etwas den persönlichen Kontakt, und gerade die älteren werden ausgelassen, weil sie sich nicht mehr auskennen, Angst davor haben. Bei allen unseren Kämpfen gegen Rassismus und für die Rechte von Homosexuellen und gegen die Diskriminierung verschiedener Körpertypen dürfen wir nicht auf unsere älteren Menschen vergessen.

Was sind deine Lieblingsworte, um deinen Körper zu beschreiben?

Das ist eine sehr gute Frage. Ohne Limits. Reich. Monumental. Wenn ich auf der Bühne bin: Non Stopp. Mein Körper hat keine Beschränkungen. Man denkt, es ist aus, und ich drehe mich um, und es geht noch weiter.

Außerdem: Dankbarkeit. Ich habe viele Drogen und Alkohol konsumiert, und bin seit 17 Jahren clean, und bin meinem Körper so dankbar. Ich habe ihn so viele Jahre lang missbrauch, und er ist immer noch da, und unterstützt mich. Ich habe mich und meinen Körper so lange gehasst – mein Körper war ein Gefängnis, ein Käfig, eine Verurteilung dazu, mein Leben lang weniger wert zu sein. Ich habe es gehasst, eine Frau zu sein. Außerdem auch noch dazu eine rundere Frau zu sein, das war doppelt hart. Du bist nicht nur dieses Angst machende Ding, sondern auch noch eine Version davon, die nicht anerkannt wird. So über meinen Körper zu denken und dem Schmerz lange Zeit mit Drogen zu entkommen versuchen, und dann durch die Dunkelheit durchzugehen und an einem Ort anzukommen, wo ich im Stande war, mit meinem Körper Freundschaft zu schließen – das macht mich wirklich dankbar. Viele in meinem Umfeld haben es nie durch die Dunkelheit geschafft, und sind tot. Dass ich es geschafft habe, ist ein Segen. Es ist kein Zufall – ich habe einen Auftrag.

 

Guerriere: Eine Fotoserie von Elizabeth Raab

Emily, aus der Fotoserie Guerriere. Fotos (c) Elizabeth Raab
Emily, aus der Fotoserie Guerriere. Fotos (c) Elizabeth Raab

Es war ein Foto von Plus-Model Tess Munster in meiner Facebook-Timeline, das meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Tess zeigte sich nicht wie üblich im Vintage/Rockabilly-Look, sondern war als als eine Artemis inszeniert, in wehendem weißen Gewand und mit scharf aussehender Hellebarde in der Hand.

Tess´ Bild ist nur eines aus einer Fotoserie von ungewöhnlicher Schönheit. Guerriere nennt die amerikanische Fotografin Elizabeth Raab ihre Portraitreihe, also Kämpferin, Kriegerin. Allen Modellen ist gemeinsam, dass sie nicht den von unserer Gesellschaft geforderten Standardmaßen entsprechen. Die Frauen, die sich wie antike Göttinnen auf Chaiselounges räkeln oder mit Speer in der Hand an urzeitalte Sagengestalten erinnern, haben alle weit über Größe 42. Guerriere ist „eine Reihe von Fotoportraits von Frauen mit der klassischen, üppig weiblichen Form, die durch die Geschichte hindurch als die ultimative Darstellung von Kraft und Schönheit in Kulturen auf der ganzen Welt gesehen wird. Diese Bilder zeigen die innere Stärke, Kraft und Sinnlichkeit dieser zeitgenössischen Frauen, und wiedersprechen der heutigen Sicht, dass nur schön sein kann, wer dünn ist“, scheibt Elizabeth Raab auf ihrer Homepage. Dass Raab dicke Frauen mit der gleichen Sorgfalt und Ästhetik inszeniert wie die schlanken Frauen, die sie fotografiert, hat mich neugierig gemacht auf die Frau hinter dern Bildern …

Tess Munster als antike Kriegerin
Tess Munster als antike Kriegerin

Elizabeth Raab stammt aus dem pazifischen Nordwesten, und lebt nach einer Zwischenstation in New York im „endlosen Sommer Kaliforniens“. Ihre Fotos kann man in diversen Fotobüchern und Gallerien bewundern, sie arbeitet aber auch immer wieder mit großen Firmen zusammen. Raab beschreibt sich selbst als „warm, bright and girly“ (also warmherzig, aufgeweckt und mit einer Vorliebe für Mädchen-Dinge). Es fasziniert sie, die schönsten und attraktivsten Facetten ihrer Modelle abzubilden.

VIE: Was hat Dich zur Guerriere-Serie inspiriert?

ER: „Guerriere“, also Krigerin, ist eine Reihe von modernen fotografischen Porträts von klassisch üppigen Frauen. Diese Körperform gilt traditioneller Weise als die ultimative Darstellung von Kraft und Schönheit, und zwar quer durch alle Kulturen. Ein Besuch in jedem Kunstmuseum zeigt uns die Geschichte dieser Schönheit. Die Portraitreihe unterstreicht nicht nur die innere Stärke und die Sinnlichkeit dieser modernen Frauen. Sie ermutigt den Betrachter auch, sich über seine eigenen gesellschaftlichen Überzeugungen in Bezug auf Schönheit, Gesundheit und Individualität Gedanken zu machen – Überzeugungen, die oft von den widersprüchlichen Botschaften der heutigen Medien verbogen werden.

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Wie findest du deine Modelle?

Es ist schwer zu beschreiben, wie ein Künstler eine Muse findet. Sie kommen auf eine Vielzahl von Arten, durch Freunde, Kollegen, durch Zufall. Aber wenn es passiert, ist es wirklich inspirierend und spannend!

Du zeigst PlusSize-Frauen auf eine Art, wie sie nur sehr selten gezeigt werden, vor allem in Mainstream-Medien – als stark, bezaubernd, fast im Hochglanz-Stil. Warum denkst du sind Porträts wie diese immer noch so rar?

Dass Frauen dieses Ausmaß an Selbstvertrauen und generell eine Position der Macht zeigen, ist in modernen Medien immer noch eher selten, unabhängig von Form und Größe der Frauen. Aber ich spüre, dass die Medienlandschaft sich schnell entwickelt. Wir stehen am Anfang des digitalen Zeitalters, das gerade erst beginnt, seine Möglichkeiten spielen zu lassen. Die Menschen verlangen mehr und mehr danach, Schönheit als Vielfalt und nicht als Schablone zu sehen. Sie wollen sich selbst in ihrer Werbung zu sehen. Menschen existieren schließlch nicht nur in einer Farbe, Form oder Größe, und Schönheit tut es auch nicht.

Entdecken deine Modelle (sowohl in Plus- als auch Normalgröße) neue Dinge über sich selbst und ihre Schönheit, wenn sie sich durch deine Augen sehen?

Mein Ziel als Porträtistin ist es, in allen Frauen die sinnliche, verspielte Seite herauszulocken. Wir alle haben sie. Einige von uns tun sich leichter, sie öffentlich zu zeigen als andere. Manche haben vielleicht vergessen, dass sie es sie überhaupt gibt. Aber mein Ziel ist es, die Kraft und das Anziehende an uns allen zu zeigen.

 

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Was sind deine Lieblingsporträts von Plus-Size-Frauen? Gemälde, Fotografien ...

Ich liebe es, durch Museen oder Galerien zu streifen, die die Arbeit der alten Meister zeigen. Alle diese Frauen haben Kurven und Tiefe, die mich inspiriert. Nicht zu vergessen die Vielzahl an künstlerischen Stilen, die in die Bilder dieser Genres einfließen …

Ist die Serie komplett, oder wird es noch mehr Fotos geben?

Das ist definitiv eine fortlaufende Serie. Weil es aber eine Arbeit ist, die ich für persönlich mache, muss ich mich nicht beeilen, um sie zu vollenden. So genieße ich den Prozess, und kann der Serie immer wieder neue Stücke hinzufügen, um das Werk nach und nach zu vervollständigen.

Mehr über Elizabeth und ihre Arbeit auf elizabethraab.com